Griechenland hatte bereits am 21. Mai Parlamentswahlen, die mit deutlichem Vorsprung die liberalkonservative Partei „Nea Dimokratia (ND)“ von Kyriakos Mitsotakis gewonnen hatte. Doch zur absoluten Mehrheit für eine Alleinregierung fehlten der Partei fünf Sitze. Da Mitsotakis lieber allein weiter regieren wollte, setzte er auf Neuwahlen. Sein Plan ging auf: Dank eines in der vorangegangenen Legislaturperiode von der ND-Partei wieder eingeführten sogenannten „Bonus-Systems“, das bei der Neuwahl am 25. Juni angewandt wurde, hat die ND-Partei mit insgesamt 158 von 300 Sitzen im griechischen Parlament das beste Ergebnis (40,55%) erzielt, das sie bislang in einer Parlamentswahl erreicht hat, sagte die griechische EU-Korrespondentin. Stabile griechische Regierungen – des linken oder des rechten Lagers – waren politisch gewünscht und haben die letzten Jahrzehnte der griechischen Politik geprägt.
26. Juni 2023
Europa nach den Wahlen – Vorgezogene Neuwahlen in Griechenland am 25.06.2023
Maria Psara stellt das Wahlergebnis vor
Zum ersten Mal werden acht Parteien im griechischen Parlament vertreten sein, führte die Journalistin weiter aus. Der große Wahlverlierer ist die linke Syriza-Partei mit nur noch 17,84%, sie lag 2019 bei über 31%. Alle anderen Parteien haben dazugewonnen. Die wichtigste Oppositionspartei bleibt dennoch die linke Syriza-Partei mit 48 Sitzen, gefolgt von der sozialdemokratischen Partei PASOK mit 32 (11,85%), den Kommunisten (KKE) mit 20 Sitzen (7,69%) und einer neuen kleinen, eher linken Partei, Plefsi Eleftherias, mit acht Sitzen. Bemerkenswert ist auch, dass drei extrem rechte Parteien den Einzug ins Parlament schafften: Die neue (nur wenige Wochen alte) rechtsextreme Partei „Die Spartaner“ erhielt auf Anhieb 12 Sitze (4,64%). Sie gilt als Nachfolgerin der ehemaligen Neonazi-Partei Goldene Morgenröte, die zuvor als kriminelle Vereinigung eingestuft worden war. Maria Psara begründete den Anstieg der rechten Parteien damit, dass politische Reiberein und Auseinandersetzungen gemeinhin immer die extrem rechten Parteien stärken. Zudem habe Ilias Kassidiaris (Gründer der rechtsextremen Partei „goldene Morgenröte“), der zurzeit eine Haftstrafe verbüßt, seinen politischen Einfluss ausgenutzt, um aus dem Gefängnis heraus die neu gegründete Partei „Spartaner“ zu unterstützen. Trotz der Etablierung stärkerer Landesgrenzen unter Mitsotakis strebten diese einen noch radikaleren Kurs bei Flüchtlingsthemen an. Die zwei weiteren rechten Parteien, die den Einzug ins Parlament geschafft haben, sind die ultraorthodoxe „NIKI“ mit 10 Sitzen (3,69%), sie ist pro-russisch und ebenfalls gegen Migration eingestellt und die rechtspopulistische Partei „Griechische Lösung“ mit 12 Sitzen (4,4%). Zusammen liegen die rechten Parteien nun bei über 12 Prozent.
Diskussion mit Markus Becker, DER SPIEGEL
Im Fokus des anschließenden Gesprächs des Journalisten und Moderators der Veranstaltung, Markus Becker, DER SPIEGEL, mit Maria Psara standen der Aufwärtstrend der rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien, die Einstellung der Griechen zur Flüchtlingspolitik, die Einschränkung der Pressefreiheit sowie die Unterstützung der Ukraine im Krieg. Nach den Wahlen in Griechenland erhoffen sich viele Bürgerinnen und Bürger mehr soziale und finanzielle Sicherheit im Land, sagte die EU-Journalistin. Mitsotakis setze wie bereits im ersten Wahlkampf auf Wirtschaftswachstum, verbunden mit höheren Löhnen, die Verbesserung des Gesundheitssystems sowie die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung. Auf die Frage des Moderators wie es sein kann, dass die Mehrheit der Griechen eine solch strenge Migrationspolitik unterstützt, antwortete Maria Psara: Im Vorfeld des Wahlkampfs habe Mitsotakis über seine Flüchtlingspolitik viele Wähler gewonnen. Er habe harte Grenzkontrollen zwischen Griechenland und Türkei eingeführt und wolle eine Flüchtlingskrise, wie unter dem damaligen Regierungschef Tsipras, unbedingt vermeiden. Unglücke, die auf internationalen Gewässern passieren, führte Mitsotakis nicht auf die heimische Migrationspolitik zurück. Neben den Schleusern werde von ihm die europäische Flüchtlingspolitik dafür verantwortlich gemacht. Markus Becker fragte auch, wie es in Griechenland um die Pressefreiheit bestellt sei, da im weltweiten Pressefreiheitsindex für das Jahr 2022 Griechenland unter den 27 EU-Mitgliedstaaten den schlechtesten Platz einnehme, insgesamt liege Griechenland auf Platz 108 von 180 Staaten. Für die breite Mehrheit sei das laut Maria Psara, kein Problem. Es herrsche Konsens in der Bevölkerung, dass es mit Mitsotakis zu einer Erhöhung des Lebensstandards komme, sodass ihm Skandale nicht schaden. Hervorzuheben sei auch, so die Journalistin, dass Mitsotakis sich von Anfang an für eine Unterstützung für die Ukraine positioniert habe, obwohl Menschen in Griechenland durchaus immer eine gute Beziehung zu Russland hatten.