5 Personen sitzen auf dem Podium und sprechen miteinander: v.l.n.r. Martin Margraf, Referent für Wirtschaft, Regionalpolitik und Beihilfen in der Vertretung des Freistaats Thüringen bei der EU; Linus Bauer, Schüler der Deutschen Schule Brüssel; Samuel Jakisch, Leiter hr-Hörfunkstudio in Brüssel; Sabine Rothe, Dipl. Designerin; Ottmar Berbalk, Berbalk Communications, Media Business Politics

Generationengespräch zu 30 Jahren Mauerfall

Vertreter verschiedener Generationen kamen am 23. Oktober 2019 in der Hessischen Landesvertretung zusammen, um sich über ihr Leben mit einer und ohne eine innerdeutsche Mauer und den Wert der Freiheit auszutauschen. Eingeladen hatte Europaministerin Lucia Puttrich, zum Thema „Zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Generationen im Gespräch über 30 Jahre Mauerfall“.

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Mit der Veranstaltung sollte eine Brücke geschlagen werden zwischen den persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen der Zeitzeugen und den Erwartungen und Hoffnungen der jungen Generation. Diese wurde von Linus Bauer, Schüler an der Internationalen Deutschen Schule Brüssel, vertreten. Aus seiner Sicht spiele die Frage nach der persönlichen Herkunft aus West- oder Ostdeutschland in der jungen Generation heute keine besondere Rolle mehr. Man fühle sich an der Internationalen Deutschen Schule Brüssel mehr als Europäer. Martin Margraf, Referent für Wirtschaft, Regionalpolitik und Beihilfen in der Vertretung des Freistaats Thüringen bei der EU, hingegen berichtete, dass es in bestimmten gesellschaftlichen Schichten noch immer eine gewisse Stigmatisierung des Ostens gebe. Das könne auch daran liegen, dass weiterhin Unterschiede bei der Entlohnung zwischen Ost und West bestünden und noch immer wenige Führungskräfte aus den östlichen Bundesländern in den Chefetagen der großen Unternehmen säßen.

Die Diskutanten hoben den unschätzbaren Wert der durch den Mauerfall errungenen Freiheit hervor. Doch habe diese Freiheit auch soziale Unterschiede zwischen den Menschen in Ostdeutschland wachsen lassen, sagte Sabine Rothe, Diplom-Designerin aus Halle. Als Zeitzeugin des Mauerfalls und der Euphorie nach der Grenzöffnung sieht sie die Einheit in vielen Bereichen noch immer nicht vollzogen. Es habe in der Folge der deutschen Einheit auch „Dämpfer“ für die anfängliche Begeisterung gegeben. So sei das solidarische Gefühl der Bevölkerung in der früheren DDR nach dem Mauerfall sukzessive verloren gegangen.

Aus Sicht von Ottmar Berbalk von Berbalk Communications sei die Wende alternativlos gewesen. Sie habe aber zugleich zu Verwerfungen durch die fehlende Wertschätzung der Menschen geführt. Viele seien in den östlichen Ländern daher heute frustriert und tauchten politisch ab, wovon Rechtspopulisten und radikale Gruppierungen profitierten. Aus seiner Sicht hätten offene Grenzen in der EU paradoxerweise zu mehr nationalem Denken geführt. Für das Zusammenwachsen von Ost und West sieht er auch die Europäische Union in der Verantwortung.

Die Veranstaltung fand im Rahmen der Reihe „Wir leben Freiheit“ der Hessischen Landesregierung anlässlich des Falls der Berliner Mauer vor 30 Jahren statt. Samuel Jackisch, EU-Korrespondent des hr-Hörfunkstudios Brüssel, moderierte das Gespräch.

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