Europaministerin Lucia Puttrich, zum ersten Mal nach dem Lockdown und zu Beginn der Deutschen Ratspräsidentschaft in Brüssel, wies auf das klare Ergebnis der Wahl am 5. Juli hin. Nun stünde aber die schwierige Aufgabe der Koalitionsbildung bevor. Sie hofft, dass die neue Regierung eine pro-europäische Ausrichtung hat und weiterhin daran wirkt und arbeitet, dass die Europäische Union eine gute gemeinsame Zukunft hat.
Das vorhergesagte Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden großen Parteien, HDZund der „Sozialdemokratischen Partei Kroatiens (SDP)“, die sich zu einem Bündnis mit kleineren Parteien namens „Restart“ zusammengeschlossen hatte, blieb aus. Allerdings sei die Wahlbeteiligung mit knapp 47 Prozent sehr gering ausgefallen. Dies könne zum einen auf die Corona-Pandemie und zum anderen auf eine politische Unzufriedenheit, auch mit dem programmatischen Angebot der Parteien, zurückzuführen sein, so Krasnec.
Nach fast 100% der Stimmenauszählung sei das vorläufige Endergebnis eindeutig. Mit einem Stimmengewinn von über 37 Prozent und 66 gewonnenen Sitzen im kroatischen Parlament werde die HDZden Auftrag zur Regierungsbildung erhalten, sagte Tomislav Krasnec. Hingegen liege das Bündnis „Restart“ nunmehr knapp unter 25 Prozent und stelle nur noch 41 Abgeordnete im Parlament, was den Rücktritt des Vorsitzenden Davor Bernardic nach sich gezogen hat.
Als Begründung für das gute Abschneiden der Regierungspartei führte der Journalist an, dass Ministerpräsident Plenkovic von seinem Corona-Krisenmanagement profitiert und in seinem Wahlkampf auf wirtschaftliche Reformen und Verbesserungen im Gesundheitssystem gesetzt habe.Für das Restart-Bündnis hingegen habe sich die Wahl des sozialdemokratischen kroatischen Präsidenten im Februar 2020 - trotz der guten Prognosen - nicht vorteilhaft ausgewirkt. Auch ihr Programm der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reformen sei bei den Bürgern überwiegend nicht gut angekommen. Negativ für Davor Bernadic sei möglicherweise auch die fehlende Erfahrung in einem öffentlichen Amt gewesen, dachte Krasnec laut.
Überraschend stark, mit fast 11 Prozent und 16 Sitzen im Parlament, habe sich auch die rechtspopulistische Partei „Heimatbewegung (DPMS)“ des Folksängers Miroslav Skoro als dritte Kraft etabliert. Die Partei wurde von Ex-Mitgliedern der HDZfür diese Parlamentswahl neu gegründet. Ihr Ziel sei es gewesen, sich mit hohen Stimmengewinnen als Koalitionspartner unentbehrlich zu machen und so die HDZ zu zwingen, weiter nach rechts zu rücken. Dieses strategische Ziel habe die DPMS verfehlt. Die HDZ habe auch andere Koalitionsoptionen, die unter anderem auch weniger Ministerposten „kosten“ würden, so Krasnec. Für Überraschung sorgte auch das neue links-grüne Bündnis kleiner Parteien, „Mozemo“, das mit sieben Prozent der Stimmen und sieben Sitzen Einzug ins Parlament hielt. Ein gutes Ergebnis mit gut sieben Prozent und acht Abgeordneten habe ebenfalls die Partei „Brücke der unabhängigen Listen (MOST)“, die aus der Allianz mit der HDZausgeschieden war und weiter rechts einzuordnen sei als die HDZ, erzielt.
Für eine Mehrheit im Parlament brauche die HDZdennoch Unterstützung. Als Option sah Krasnec ein Zusammengehen mit ihrem alten liberalen Koalitionspartner, der „Deutsch Kroatischen Volkspartei (HNS)“ und den liberalen Reformisten und in der Unterstützung durch die acht Sitze der ethnischen Minderheiten. Diese knappe Mehrheit würde reichen, um den Kurs der Mitte fortzusetzen.
Auf die Frage von Verena Schmitt-Roschmann, was die EU von Kroatien erwarten könne, antwortete Krasnec: Aus seiner Sicht habe Plenkovic mehr Spielraum für Strukturreformen, da er voraussichtlich keine großen Abhängigkeiten von anderen Partnern bei der Regierungsbildung eingehen müsse. Er werde sich dem Mainstream der EU-Politik anschließen und eher die Nähe zu den christlich-konservativen Parteien der EVP suchen. Seine Regierung müsse die Folgen der wirtschaftlichen Krise bewältigen, das Gesundheitssystem ggf. für eine „zweite Welle“ der Pandemie stabilisieren und auch zukünftig ein gutes Krisenmanagement beweisen. Man müsse auch die Ergebnisse der diskutierten Rettungsmaßnahmen der EU in der Corona-Krise und ihren wirtschaftlichen Folgen abwarten. Kroatien als jüngstes Mitglied der EU, aufgenommen in Krisenzeiten der EU, müsse bisher auf einige Privilegien verzichten, beispielsweise, dass Kroatien nicht Mitglied des „Schengen- Raumes“ sei. Auch der nächste Schritt der Aufnahme in die Eurozone sei offen. Ebenfalls spielt die Zukunft und die Entwicklung der EU-Beitrittskandidaten in Südosteuropa für Kroatien ebenfalls eine wichtige Rolle.
Thematisiert wurde unter anderem auch die Formierung der rechtspopulistischen Partei DPMS und die Existenz der kleinen rechtspopulistischen Parteien. Aus Sicht des Journalisten sei die HDZ als größte Mitte-Rechts-Partei unter Plenkovics Führung stärker in die Mitte gerückt und habe sich abgegrenzt vom Rechtspopulismus. Die DPMS bekämpfe diese Richtungsänderung.
Das Video zur Veranstaltung kann über diese Links abgerufen werden: