Drei zentrale Themen bestimmten die Diskussion mit EU-Korrespondenten aus Italien und Deutschland: Eine erste Bilanz zu „100 Tage neue Kommission sowie die Reaktion auf die Gefahren durch den Corona Virus, Migration und die Flüchtlingssituation in der Grenzregion zwischen der Türkei und Griechenland.
Es diskutierten Lorenzo Robustelli von EU News, Franziska Broich, KNA, und Eric Bonse, TAZ und Blog „Lostineurope“, mit Michael Stabenow.
Zentrales Thema der Diskussion waren die "ersten 100 Tage der von der Leyen-Kommission – eine erste Bilanz“: Ist die neue Kommission auf dem richtigen Weg und ist Ursula von der Leyen den Erwartungen gerecht geworden? Die EU-Korrespondenten stellten Ursula von der Leyen ein relativ gutes Zeugnis aus. Sie sei mit guten Ideen und viel Energie gestartet. Positiv beeindruckt von den Programmen, wie des Green Deal“ der EU-Kommission, zeigte sich auch Eric Bonse. Er gab aber zu bedenken, dass damit hohe Erwartungen bei den Mitgliedstaaten geweckt würden. Fraglich sei daher, ob sie genügend Ressourcen zur Umsetzung der Programme habe. Franziska Broich hätte für den sozialen Bereich mehr Mittel erwartet, stattdessen soll der Klimawandel auch durch Kürzungen in diesem Bereich finanziert werden. Aus Sicht der Gesprächsrunde zeige sich erst mit der Finanzierung des „Green Deal“, der Verabschiedung des Mehrjährigen Finanzrahmens und auch mit einer Lösung zur Flüchtlingsproblematik, ob die Kommissionspräsidentin insgesamt Erfolg haben werde. Weitere wichtige Themen seien unter anderem die Verhandlung der Kommission mit dem Vereinigten Königreich sowie die Vorschläge für eine EU-Digitalstrategie und die EU-Industriestrategie. Franziska Broich hob hervor, dass die EU trotz der Corona Krise wichtige Themen angehen beziehungsweise weiterverfolgen müsse.
Aufgrund der aktuellen Debatten in den Medien standen zwei weitere Themen mit im Fokus: Zum einen der Corona Virus, der mittlerweile die ganze Welt betrifft und für Unruhe auf den Finanzmärkten sorgt und zum anderen die Flüchtlingssituation in der Grenzregion zwischen der Türkei und Griechenland.
Lorenzo Robustelli gab einen Überblick zur Lage in Italien und den Aktionen der politisch Verantwortlichen seit Ausbruch des Corona Virus. Er begrüßte die Vorgehensweise der Politik, kritisierte jedoch, dass die italienische Regierung nicht immer mit einer Stimme spreche. Die wirtschaftlichen Auswirkungen in Italien seien beträchtlich, Robustelli weiter. So sei beispielsweise die Tourismusbranche besonders betroffen; sie verliere in diesem Jahr voraussichtlich bis zu sieben Milliarden Euro. Zwar versuche die Regierung entgegenzusteuern, doch das reiche bei weitem nicht aus. Es stelle sich die Frage, ob die EU auf eine Finanzkrise wie im Jahr 2008 zusteuere. Diese Einschätzung teilte Bonse nicht, da 2008 eine andere Ausgangsbasis zugrunde gelegen hätte. Zum Management auf europäischer Ebene im Umgang mit Corona kritisierte er das unkoordinierte Vorgehen der EU-Institutionen. Bereits im Februar hätten einige der EU-Gesundheitsminister bei ihrer Ratssitzung in Brüssel vor Versorgungsengpässen gewarnt. Erst 2-3 Wochen später habe die Kommission eine EU-weite Aktion (Schutzausrüstung, etc.) gestartet, was nun wiederum zu Engpässen bei den Herstellern führe. Selbst bei den Brüsseler Institutionen sei kein koordiniertes Verhalten zu erkennen, so die Einschätzung von Bonse. Franziska Broich argumentierte hingegen, dass die Kommissionspräsidentin sich des Ausmaßes bewusst sei und wisse, dass sie reagieren müsse.
In Bezug auf die Probleme an den Außengrenzen der EU war man sich einig, dass viel von den Verhandlungen mit Erdogan abhänge, um die Flüchtlingssituation in der Grenzregion zwischen der Türkei und Griechenland schnell in den Griff zu bekommen. Fast zeitgleich zur Veranstaltung sprachen nämlich die Kommissionspräsidentin und der Ratspräsident Michel mit Erdogan. Eine Ausweitung des Abkommens zwischen der EU und der Türkei wurde von den Podiumsteilnehmern nicht thematisiert. Ankündigungen zufolge will die die EU-Kommission im April einen Vorschlag zum Asyl- und Migrationspakt vorstellen.
Es sei wichtig, dass eine etwaige Aufnahme von Flüchtlingen von der Bevölkerung mitgetragen werden müsse, betonte Franziska Broich.