Wieviel Chemie braucht der Green Deal?

Auf Einladung der Hessischen Europaministerin Lucia Puttrich und des Verbands der Chemischen Industrie e.V. Landesverband Hessen trafen am 8. Februar 2022 Experten aus der hessischen Chemiebranche mit Vertreterinnen und Vertretern der europäischen Institutionen zusammen, um über die von der Europäischen Kommission geplante Aktualisierung der EU-Chemikalienpolitik zu diskutieren.

Gesprächsteilnehmer waren: die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Nicola Beer, der Stellvertretende Generaldirektor der Generaldirektion Umwelt, Patrick Child, der Geschäftsführer von Sanofi-Aventis Deutschland, Dr. Matthias Braun, die Vorsitzende des Landesbezirks Hessen/Thüringen der IGBCE, Sabine Süpke sowie die Europaabgeordnete Jutta Paulus.

 

Worum geht es?

Grundlage für die Diskussion bildete die EU-Chemikalienstrategie der EU-Kommission, die Teil des europäischen Green Deals ist. Zahlreiche bestehende und bewährte Vorschriften sollen angepasst und verschärft werden, unter anderem die REACH-Verordnung. In ihrem Grußwort betonte Europaministerin Lucia Puttrich, dass die Aktualisierung der Chemikaliengesetzgebung sowohl der Umwelt als auch den Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union zugutekomme, aber auch die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Branche erhalten müsse. Hessen werde als zentraler Standort der Chemieindustrie unmittelbar von dem geplanten Vorhaben betroffen sein. Sie erwartet, dass die Transformation Umwelt- und Gesundheitsschutz dienen, aber auch Arbeitsplätze in dem Bereich schützen und der Industrie die Möglichkeit zur Innovation bieten müsse.

Diskussion zur EU-Chemikalienstrategie

In der anschließenden Diskussion verwies Nicola Beer auf die Relevanz von Chemikalien für unseren Alltag, denn die Bürgerinnen und Bürger kommen täglich mit Chemikalien in Kontakt. Umso wichtiger sei es, diese für die Verbraucherinnen und Verbraucher sicher und nachhaltig zu gestalten. Eine Chemikalienstrategie dürfe die Produktion nicht abwürgen, sondern solle die Chemieindustrie transformieren. Das gemeinsame Ziel sollte daher sein, trotz der Herausforderungen den Wandel zu wagen und gemeinsam zu gestalten, um damit auch Deutschland und die Europäische Union als wichtigen Industriestandort zu sichern. Der EU-Kommissionsvertreter Patrick Child führte aus, dass die REACH-Verordnung insbesondere durch das Engagement der Chemikalienindustrie zu einem großen Erfolg geworden sei. Die Industrie sei ambitioniert und besäße ein großes Interesse an der Zusammenarbeit bei der Gesetzgebung. Nun sei es aber an der Zeit, einen Schritt weiter in Richtung sichere Chemikalien zu gehen. Er ergänzte, die EU-Kommission werde bei der Durchführung ihrer Analyse nicht nur Kosten für die Industrie, sondern auch die gesellschaftlichen Kosten im Blick haben. Der Ersatz gefährlicher Stoffe könne auch als Innovationsschub dienen und langfristig Wettbewerbsvorteile bringen.

Wieviel Chemie braucht der Green Deal?
Hendrik Kafsack im Gespräch mit MdEP Jutta Paulus, Europäisches Parlament , Dr. Matthias Braun, Geschäftsführer Sanofi-Aventis Deutschland und Patrick Child, Stellvertretender Generaldirektor, GD Umwelt, Europäische Kommission

Auf die Notwendigkeit stabiler Rahmenbedingungen verwiesen sowohl Sabine Süpke als auch Dr. Matthias Braun, denn die Verwirklichung des Grünen Deals sei von der Chemie gleichermaßen abhängig. Dabei dürften die zu erwartenden Kosten für die Industrie nicht ignoriert werden. Um Wettbewerbsnachteile auf dem internationalen Markt zu vermeiden, dürfe die REACH-Verordnung nicht nur ein Binneninstrument sein. Braun machte deutlich, dass zunächst klarer zu definieren sei, welche Probleme mit neuen Regulierungsvorhaben zu lösen seien. Jutta Paulus ergänzte hierzu, dass insbesondere bei Importen von Chemikalien besser sichergestellt werden müsse, dass sie EU-Vorgaben entsprächen. Sie betonte außerdem, dass die Überarbeitung der Verordnung Lücken bei den verwendeten Begrifflichkeiten schließen müsse. Zudem sei eine ehrliche Bewertung der Kosten für die Umwelt und Gesellschaft vorzunehmen, da Kosten zur Entfernung gefährlicher Chemikalien aus der Umwelt oder Kosten, die dem Gesundheitssystem entstehen, bislang von der Gesellschaft zu tragen sind. Sabine Süpke forderte abschließend eine faire Gestaltung des grünen Wandels. Unternehmen und ihre Beschäftigten seien ein wesentlicher Bestandteil der grünen Transformation.

Moderiert wurde die Diskussion von Hendrik Kafsack, Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Die komplette Veranstaltung im Video finden Sie hier:

DeutschÖffnet sich in einem neuen Fenster - Wieviel Chemie braucht der Green Deal? Perspektiven der europäischen Stoffpolitik.

EnglischÖffnet sich in einem neuen Fenster - Prospects for European policies on chemical substances in the context of the Green Deal.

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