Ausgangssituation und Bedarf
Die Hanfpflanze ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Erde mit den unterschiedlichsten Verwertungsmöglichkeiten. Die gesamte Pflanze kann verschiedenen Verwertungen zugeführt werden. Trotzdem handelt es sich um eine Ackerkultur zu der es nur marginal Wertschöpfungsketten gibt, keine starken Netzwerke und wenig Erfahrungen im Anbau. Außerdem sind keine standortangepassten Sortenbeschreibungen für Nutzhanfsorten vorhanden.
Der Anbau der Kultur war über mehrere Jahrzehnte in Deutschland verboten.
Herausforderungen für den Aufbau einer Wertschöpfungskette:
- Neue Ansprüche an das Nacherntemanagement: Fördertechnik, Trocknung und Lagerung.
- Keine standortangepassten Hanfsorten für Deutschland bzw. Nordhessen.
- Spezielle Erntetechnik sowohl für Hanfnüsse als auch das Hanfstroh notwendig, vor allem bei Faserhanf-Sorten.
- Kein vorhandenes Vermarktungsnetzwerk für Hanfprodukte.
Konkrete Aufgabenstellung und Projektziele
Ziel des Projektes ist die Etablierung neuer Wertschöpfungsketten zum Nutzhanf-Anbau im Werra-Meißner-Kreis. Vor dem Hintergrund, dass Wertschöpfungsketten Nutzhanf in Hessen zum Zeitpunkt der Antragsstellung dem Antragssteller nicht bekannt waren, mussten innerhalb des Fördervorhabens die möglichen Wertschöpfungsketten und Absatzmärkte ermittelt werden und die vorhandenen Möglichkeiten der Vermarktung aus Sicht der Wirtschaftlichkeit geprüft und optimiert werden.
Zudem ist Nutzhanf als Ackerkultur und als Nischenkultur wenig erforscht, es gibt keine standortangepassten Sortenbeschreibungen. So ist auch dieser Punkt Teil der Aufgabenstellung für die OG gewesen, die Möglichkeiten des Anbaus im Werra-Meißner-Kreis konkret durch den Aufbau eines eigenen Erfahrungsschatzes zu erforschen. Gleichermaßen musste das Nacherntemanagement für die Hanfprodukte (Hanfnüsse und Hanfstroh) von den Hanf-Anbauern erlernt und effizient aufgebaut werden.
Umsetzung und Ergebnisse
Die Hanfanbauer Werra-Meißner haben im Vorlauf der Antragstellung bereits in zwei Anbausaisons und nach eingehender Beratung des assoziierten Partners BAFA Neu-GmbH die Nutzhanfsorte USO 31 als Hanfsorte gewählt.
Folgende Ergebnisse konnten erreicht werden.
Verarbeitungsmöglichkeiten Hanfnüsse:
- Verarbeitung zu Lebensmitteln roh, geschält oder geröstet in z.B. Brotaufstrichen, Superfoods, Shakes, Backwaren.
- Verarbeitung zu Tierfuttermittel z.B. für Tauben oder Vögel.
Verarbeitungsmöglichkeiten Hanfstroh:
- Verarbeitung von Hanfstroh zu Pellets als Einstreu in Geflügelställen oder als Substrat zur Pilzzüchtung.
- Hanfstroh mit herausragender Qualität wird verarbeitet zu Stopfhanf als Basis für eine nachhaltige Dämmmittel-Herstellung.
Der Markt - so spannend wie die Pflanze:
- Jedes Jahr starke Schwankungen bei der Nachfrage.
- Hohes Interesse an Hanfprodukten, aber keine klassischen Vermarktungswege.
- In allen Produkten schlummert ein Riese.
Empfehlungen für die Praxis
- Der erfolgreiche Anbau von Nutzhanf in Deutschland ist mit herkömmlicher Betriebstechnik möglich. Wichtig ist, dass eine geeignete Sorte für den jeweiligen Standort gefunden wird (an dieser Stelle braucht es mehr Züchtungsforschung!)
- Die Ernte der Faserhanfsorten (egal ob Hanfnüsse oder Stroh) erfordert spezielle, angepasste Erntetechnik.
- Hanfstroh in weiterverarbeiteter Form zur Faser braucht dringend passende Witterungsbedingungen am betreffenden Standort.
- Hanfstroh kann in vielerlei Formen für unterschiedliche (zum Teil noch Nischen) Märkte weiterverarbeitet werden.
- Das Nacherntemanagement für Hanfnüsse ist mit herkömmlicher, betriebseigener Technik möglich und erfordert wenige Anpassungen.
- Der Aufbau für Vertriebsnetzwerke Hanfnüsse und Hanfstroh ist nichts für Anfänger. Hier gilt es bessere Vernetzungsarbeit der unterschiedlichsten Marktteilnehmer zu leisten. Wichtig ist, dass man gegenseitigen Respekt und gute Regeln festlegt.
Erfolgsfaktoren und Tipps für neue Gruppen
- Empfehlenswert ist es, wenn dieselben Teilnehmer die inhaltliche Arbeit, die Führung und die Umsetzung übernehmen.
- Fachlich basierte Daten müssen die Grundlage für die Arbeit der Operationellen Gruppe darstellen: Nicht alleine die Vision eine "gute Sache" zu machen darf Projektziel sein. Das Vorhaben muss auch in der späteren Umsetzung wirtschaftlich sinnhaft sein.
- EIP-Vorhaben versetzen die Operationelle Gruppe in die Lage, Wege zu beschreiten, die im ersten Schritt mal nicht unbedingt wirtschaftlich sein müssen.
- Administrative Arbeiten, wie die Abrechnung der Verwendungsmittel und die Organisation der Gruppe, müssen zeitlich und finanziell mit eingeplant werden. Die inhaltliche und administrative Arbeit sind zeitlich 1:1 anzusetzen.
- Beim Zusammenfinden der Gruppe auf Verhältnismäßigkeit der Partner aus der landwirtschaftlichen Praxis und dem Wissenschaftsumfeld achten: Zu empfehlen ist, den Anteil der Mitglieder aus der Praxis hoch zu halten, um die Nähe zur praktischen Umsetzung nicht zu verlieren.
Förderprogramm
Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER)
Fördersparte
EIP
Fördersumme
281.802 € (Zuwendung),
311.132 € (zuwendungsfähige Ausgaben)
Durchführungszeitraum
01.2019 -09.2023