Lesung mit Tanja Kinkel aus dem Roman "Grimms Morde"
Regelmäßig lädt Staatsministerin Lucia Puttrich Gäste zu Kulturveranstaltungen mit hessischem Bezug in die Landesvertretung nach Berlin ein. Zur Autorenlesung mit Tanja Kinkel am 13. Februar 2019 kamen 130 Krimifans. Die promovierte Schriftstellerin hat bislang 19 Romane veröffentlicht, die weltweit übersetzt wurden und in verschiedenen Epochen und Welten spielen. In ihrem jüngsten Buch „Grimms Morde“ entwirft sie ein realitätsnahes Bild der Zeit vor 200 Jahren in Nordhessen und Westfalen.
Es ist kein Zufall, dass sie gleich zwei berühmte Geschwisterpaare der deutschen Literaturgeschichte, die Brüder Grimm und die Schwestern Jenny und Annette von Droste-Hülshoff, für ihren Krimistoff ausgewählt hat. Mit biografischer Literatur über die Grimms beschäftigte sich Tanja Kinkel bereits während ihres Germanistikstudiums, und im literarischen Nachlass der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff befindet sich auch ein „früher Krimi“. Diese zwei Punkte hätten sie zum Schreiben dieses Kriminalromans animiert, so Kinkel.
Alte DM-Scheine erinnern an die Grimms und die Schwestern Droste-Hülshoff
Bevor Kinkel mit ihrer Lesung startete, wurden die Gäste von der Leiterin der Landesvertretung, Dr. Bernadette Droste, begrüßt und ins Thema des Abends eingeführt. Zu Beginn erinnerte die Behördenchefin Droste an den rötlich-braunen 1000-DM-Scheins, der auf der Vorderseite die Sprachwissenschaftler Jacob und Wilhelm Grimm vor dem Hintergrund historischer Gebäude der Stadt Kassel sowie auf der Rückseite das „Deutsche Wörterbuch“ und Königliche Bibliothek in Berlin – eine der Wirkungsstätten der Grimms – zeigt. Sie erwähnte auch den kleineren bläulich-grünen 20-DM-Schein, deren Vorderseite das Konterfei der Dichterin und Komponistin Annette von Droste-Hülshoff schmückt. Auf der Rückseite des Scheins sind eine Schreibfeder und eine Buche zu sehen, die auf die berühmte Novelle Annettes „Die Judenbuche“ hindeuten.
Märchenhaftes Krimivergnügen in der Hessischen Landesvertretung
Geschickt verwebt die Autorin Tanja Kinkel die privaten Verwicklungen von Jakob und Wilhelm Grimm mit den Schwestern Droste-Hülshoff in ein unglaubliches Verbrechen. Als am Schloss Wilhelmshöhe in Kassel eine Tote gefunden wird, aus deren Dekolleté ein Zettel mit einem Satz aus einem Märchen der Brüder Grimm ragt, geraten die Brüder schnell in Verdacht, bald darauf ebenso die Schwestern Jenny und Annette von Droste-Hülshoff. Die beiden gehören zu jenen zahlreichen Bekannten und Freunden, die den Brüdern Stoff für ihre 1812 erschienene Sammlung der schönsten Kinder- und Hausmärchen zugeliefert haben. Ohne zu viel vom Ausgang der Mordermittlungen zu verraten, erzeugte die Autorin mit der Darstellung von fünf ausgewählten Szenen aus „Grimms Morde“ höchste Spannung im Publikum.
Zwischen den Themen „RAF“ und „Grimm“ liegen Welten
Zwischendurch beantwortete Tanja Kinkel Fragen der Moderatorin Christiane Kohl. Die Journalistin Kohl lobte Kinkel dafür, dass sie es geschafft habe, einen Krimi zu schreiben und gleichzeitig die Menschen Jakob und Wilhelm Grimm vorzustellen. Sie hakte nach, wie sich Kinkel auf ihre unterschiedlichen Romanstoffe vorbereite. Die Schriftstellerin erklärte, dass sie zuerst Quellen sichte sowie Materialien recherchiere, und dann in einem zweiten Schritt die Orte besichtigt. Generell habe sie sich aber auf keine Epoche festgelegt. Zwischen den Romanstoffen RAF („Schlaf der Vernunft“) oder den Brüdern Grimm liegen Welten, so Kinkel. Aber dieser „Zick-Zack-Kurs“ mit „gelegentlichen Ausflügen in die Gegenwart“ gehörten für sie zum Reiz des Schreibens. Ihre Werke, deren Gesamtauflage in deutscher Sprache bei 6,5 Millionen liegt, befassen sich mit unterschiedlichen historischen Sujets. Sie führen sowohl in die Zeit der Hexenverfolgung und Jakob Fuggers („Die Puppenspieler“) als auch in die Endphase der Maurenherrschaft in Andalusien („Mondlaub“) oder zum mittelalterlichen Minnesänger Walter von der Vogelweide („Das Spiel der Nachtigall“, 2011).
Mehr über das Duo Tanja Kinkel und Christiane Kohl
Tanja Kinkel engagiert sich für die nächste Generation mit ihrer 1992 gegründeten Kinderhilfsorganisation „Brot und Bücher e.V.“ Christiane Kohl, langjährige Reporterin und Italien-Korrespondentin beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel und bei der Süddeutschen Zeitung, leitet heute das Romantik Hotel Landhaus Bärenmühle in der Grimmheimat, dem nordhessischen Bergland zwischen Kassel und Marburg. Seit 2012 veranstaltet sie dort das Literaturfestival "Literarischer Frühling in der Heimat der Brüder Grimm".