Europa nach den Wahlen - Bulgarien hat gewählt

Diese fünfte Wahl innerhalb von zwei Jahren hat erwartungsgemäß erneut ein schwieriges Ergebnis gebracht, sagte Desislava Apostolova vom Bulgarischen Nationalen Fernsehen (BNT), die das Wahlergebnis am 4. März in der Hessischen Landesvertretung analysierte.

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Bulgarien hat am 2. März ein neues Parlament mit seinen 240 Sitzen gewählt. Im neuen Parlament werden sechs Parteien vertreten sein und die politische Landschaft bleibt stark zersplittert, sagte Desislava Apostolova. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 40 Prozent, ähnlich wie bei der Wahl im Oktober 2022. Bojko Borissow, der ehemalige Ministerpräsident von 2009 bis 2021, und seine Mitte-Rechts-Partei GERB haben die Wahlen gewonnen. Er erhielt rund 26,5 Prozent der Stimmen, ein Prozent mehr als bei seinem letzten Wahlergebnis im Oktober 2022. Das Reformbündnis „Wir setzen den Wandel fort“ mit der Partei „Demokratisches Bulgarien (PP-DB)“ kam mit 24,6 Prozent auf den zweiten Platz. Drittstärkste politische Kraft mit über 10 Prozent Zugewinn wurde die rechtsextreme, russlandfreundliche und EU- und NATO-feindliche Partei „Wiedergeburt (V)“ mit 14,2 Prozent. Diese Partei scheine nicht bereit zu sein, sich an Gesprächen zur Bildung einer Regierung mit GERB oder einer anderen Partei zu beteiligen, sagte die EU-Korrespondentin. Aus ihrer Sicht würde diese Partei weiter Neuwahlen anstreben, weil sie bisher bei jeder Wahl dazugewonnen habe und von der derzeitigen politischen Instabilität sehr profitieren könne. Die „Partei der türkischen Minderheit (DPS)“ erreichte 13,6 Prozent. Das schlechteste Ergebnis ihrer Parteigeschichte mussten die Sozialdemokraten, Nachfolger der kommunistischen Partei, mit neun Prozent hinnehmen. Knapp über vier Prozent erzielte die Partei „Es gibt ein solches Volk (ITN)“ des Entertainers Slawi Trifonow, der noch im Juni 2021 mit mehr als 24 Prozent die Wahlen gewonnen hatte. Eine starke grüne und linke Partei fehlt im bulgarischen Parteienspektrum.

Ingrid Steiner-Gashi, Brüssel Korrespondentin, KURIER, im Gespräch mit Desislava Apostolova
Ingrid Steiner-Gashi, Brüssel Korrespondentin, KURIER, im Gespräch mit Desislava Apostolova

Bulgarien steht mit diesem Ergebnis wieder eine schwierige Regierungsbildung bevor, sagte Desislava Apostolova im anschließenden Gespräch mit Ingrid Steiner Gashi vom österreichischen KURIER. Rein rechnerisch würde sich eine Koalition der beiden großen Parteien, beide pro-europäisch und für eine Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland, anbieten. Desislava Apostolova hielt Neuwahlen für möglich, wollte aber eine positive Entwicklung nicht ausschließen. Sollte die Regierungsbildung erneut scheitern, werde Staatspräsident Rumen Radew wieder eine Übergangsregierung einsetzen müssen und Neuwahlen ausrufen. Obwohl Radew nur eine zeremonielle Rolle zugedacht sei, werde er weiterhin eine Schlüsselrolle im politischen Leben des Landes spielen. Denn je schwächer die Regierung ist, desto mehr Einfluss habe de facto der Präsident. Die anstehenden Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung werden vor dem Hintergrund der bevorstehenden Kommunalwahlen im Herbst geführt. Thematisiert wurde auch das Verhältnis Bulgariens zu Nord-Mazedonien, die Verschiebung des Beitritts zur Eurozone sowie die Blockade des Beitritts zum Schengen-Raum.

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