Europa nach den Wahlen – Finnland hat gewählt

Der EU-Korrespondent Rikhard Husu vom Finnischen Rundfunk hat am 3. April in der Hessischen Landesvertretung das Ergebnis der Parlamentswahl in Finnland folgendermaßen zusammengefasst: „Drei Gewinner, aber es gibt nur Platz für zwei in der Regierung. Eine schwierige Regierungsbildung steht bevor.“

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Finnland hat am 2. April ein neues Parlament gewählt. Gewinnerin der Wahl ist die konservative „Nationale Sammlungspartei (KOK)“ mit 20,8 Prozent der Stimmen. Mit ihrem bisher besten Stimmenergebnis kam die rechtspopulistische Partei der „Finnen (PS)“ mit 20,1 Prozent auf den zweiten Platz. Auch die „Sozialdemokratische Partei (SDP)“ der bisher amtierenden Ministerpräsidentin Sanna Marin hat Stimmen dazu gewonnen. Marin selbst hat in ihrem Wahlkreis die meisten Stimmen geholt, was für ihre Popularität als Ministerpräsidentin spricht, ergänzte EU-Korrespondent Husu.

Wahlkampfthemen

Angesprochen auf die Themen im Wahlkampf betonte der EU-Korrespondent, der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine habe keine so große Rolle gespielt, dennoch habe der Krieg die Wahl überschattet. Die NATO-Mitgliedschaft habe bei der Bevölkerung deutliche Erleichterung hervorgerufen. Insgesamt gäbe es jedoch einen parteiübergreifenden Konsens zur finanziellen und militärischen Unterstützung der Ukraine. Vielmehr sei die Wirtschaftspolitik, insbesondere die Reduzierung der hohen Staatsschulen, ein wichtiges Thema im Vorfeld der Wahlen gewesen. Die Staatsverschuldung Finnlands sei infolge der Pandemie und der Auswirkungen der russischen Invasion in die Ukraine gestiegen. Die Mitte-Links-Regierung habe argumentiert, die höhere Kreditaufnahme sei notwendig gewesen, um Kürzungen im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen zu vermeiden. Die Opposition hingegen habe der Regierung einen verschwenderischen Umgang mit den Staatsfinanzen vorgeworfen. Angesichts der steigenden Zinssätze scheine es unübersehbar, dass sich Finnland die Haushaltsdefizite der letzten Jahre nicht mehr leisten kann. Allerdings hätten sich die Parteien nur vage dazu geäußert, wie sie die Staatsfinanzen in Ordnung bringen wollen, kritisierte Rikhard Husu.

Bengt Ljung, Brüssel Korrespondent, Schwedische Nachrichtenagentur, im Gespräch mit Rikhard Husu
Bengt Ljung, Brüssel Korrespondent, Schwedische Nachrichtenagentur, im Gespräch mit Rikhard Husu

Eine schwierige Regierungsbildung steht bevor!

Die amtierende Fünfparteien-Koalition unter Führung der Sozialdemokraten hat insgesamt Sitze verloren und wird diese Koalition eher nicht fortsetzen können, meinte Husu. Der Auftrag zur Regierungsbildung gehe an die konservative KOK, die nun vor schwierigen Koalitionsverhandlungen steht. Die populistische Finnen-Partei habe Offenheit für Koalitionen signalisiert. Die Sozialdemokraten würden jedoch eine Koalition mit der Finnenpartei grundsätzlich ablehnen, hob Rikhard Husu hervor. Gründe dafür seien, dass die Finnen-Partei sich für einen „Anti-Migrationskurs“ ausgesprochen habe, eine Unterstützung der Klimapolitik ablehne sowie deren ablehnende Haltung zur Europäischen Union. Sollten die Finnen an der neuen Regierung beteiligt sein, könne dies Auswirkungen auf die finnische EU-Politik haben. Sie sind die einzige Partei im Parlament, die sich - zumindest theoretisch - für einen Austritt Finnlands aus der Europäischen Union ausspricht. Ein potentieller Koalitionspartner, die liberale Zentrumspartei (KESK), habe bereits erklärt, sich an keiner Koalition beteiligen zu wollen und werde in die Opposition gehen. Damit blieben nur die kleinen Parteien der Grünen, der Linken und der Christdemokraten als mögliche Partner im Spiel. Es sei davon auszugehen, dass zumindest eine der beiden großen Parteien an der neuen Regierung beteiligt sein würde. Sollten die Finnen als Koalitionspartner für die KOK-Partei in Frage kommen, müssten sie ihre Anti-EU-Haltung aufgeben und sich auf Kompromisse einlassen. Für die Mehrheit im Parlament wären dennoch weitere Koalitionspartner erforderlich. Eine Mitte-rechts Regierungskoalition könne zudem das Abstimmungsverhalten des Landes im Rat verändern.

EU-Korrespondent Bengt Ljung von der schwedischen Nachrichtenagentur hat das Gespräch moderiert.

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