„Europa nach den Wahlen“: Estland hat gewählt

Die ehemalige Europaabgeordnete Kaja Kallas erzielt mit ihrer liberalen Estnischen Reformpartei 28,8 Prozent und muss nun einen oder mehrere Koalitionspartner finden. Die EU-Korrespondentin des Estnischen Öffentlichen Rundfunks Epp Ehand hat auf Einladung von Europaministerin Lucia Puttrich die Wahlergebnisse kommentiert.

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Fünf Parteien ziehen ins estnische Parlament ein. Die ehemalige Europaabgeordnete Kaja Kallas erzielt mit ihrer liberalen Estnischen Reformpartei 28,8 Prozent und muss nun einen oder mehrere Koalitionspartner finden. „Kallas will mit den Sozialdemokraten und der Partei Isamaa, auch EKRE light genannt, Gespräche aufnehmen“, sagt Epp Ehand. 

Die Reformpartei trete für Steuersenkungen ein und wolle mehr in Innovation und Wissenschaft investieren, sagte die Journalistin Epp Ehand. Kaja Kallas sei auch offen für andere Sondierungsgespräche. Die Zentrumspartei stehe als Partner zur Verfügung. „Wird Kallas Ministerpräsidentin, dann ist Estland der Mitgliedstaat, in dem zwei Frauen an der Spitze stehen, denn Estland hat mit Kersti Kaljulaid eine Präsidentin“, freute sich die EU-Korrespondentin.

Das Wahlergebnis sei überraschend, so Epp Ehand, denn den Prognosen zufolge lag die linksliberale Zentrumspartei vorne. Doch die Regierungspartei hat nun ihre Mehrheit verloren und kommt mit 23,1 Prozent nur auf Platz zwei.

Gewinner ist auch die rechtspopulistische und europakritische Estnische Konservative Volkspartei (EKRE), die ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl 2015 mehr als verdoppelt hat und mit 17,8 Prozent an dritter Stelle steht. Doch eine Zusammenarbeit mit der EKRE hatten Reformpartei und Zentrumspartei bereits vor der Wahl ausgeschlossen. „Die EKRE hat das kürzeste Wahlprogramm, dafür aber die teuersten Versprechen“, stellte Ehand fest. Sie wurde insbesondere von der Bevölkerung im ländlichen Raum gewählt, die sich von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt fühlen. Themen waren im Wesentlichen die EU-Flüchtlingspolitik und das Gesetz, das eine eingetragene Partnerschaft auch für gleichgeschlechtliche Paare erlaubt. Erneut haben die Rechtspopulisten und EU-Kritiker in einem Mitgliedstaat dazu gewonnen.

Verlierer sind die Sozialdemokraten mit einem Stimmenanteil von nur noch 9,8 Prozent und die Partei Isamaa (11,4 Prozent). „Newcomer“, so Ehand, ist die 2018 gegründete Partei ESTI 200. Sie verpasste mit 4,5 Prozent knapp den Einzug ins Parlament und wird bei den Europawahlen antreten.

Die Wahlbeteiligung lag bei rund 63 Prozent, etwa die Hälfte der Wählerinnen und Wähler haben von der Möglichkeit des e-Votings Gebrauch gemacht. Estland macht damit seinem Namen als Land des digitalen Fortschritts alle Ehre; ist es doch in der EU der erste Mitgliedstaat, der online-Voting anbietet.

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