Anders als von Ministerpräsident Sánchez erhofft, haben die vorgezogenen Neuwahlen in Spanien zu keinen klaren Mehrheiten geführt. Zwar stelle Pedro Sánchez mit seiner sozialdemokratischen Partei (PSOE) nach der Parlamentswahl vom 10. November 2019 mit 120 Abgeordneten wieder die stärkste Fraktion und sei damit Wahlsieger, zugleich fehle ihm aber die Regierungsmehrheit, sagte Lluís Pellicer. Ein anderer Gewinner sei die rechtspopulistische Partei „VOX“, die sich 2014 aus einer Abspaltung von der „Konservativen Volkspartei (PP)“ gebildet hatte. Bei ihr habe vor allem die Eskalation des Katalonien-Konflikts nach den Urteilen im Prozess gegen führende Separatisten für Stimmenzugewinne gesorgt. Mit 15 Prozent der Stimmen habe sich die Zustimmung zur VOX im Vergleich zur Spanienwahl im April mehr als verdoppelt. Sie liegt damit an dritter Stelle. Die „PP“ habe ihr Ergebnis ebenfalls erheblich verbessern können und sei erneut zweitstärkste Kraft mit 22,6 Prozent. Die linksorientierte Unidas Podemos“ habe dagegen an Zustimmung verloren und komme mit 12,8 Prozent auf Platz vier.
Der deutlichste Verlierer sei die liberale „Ciudadanos“, die sich mit 6,8 Prozent mehr als halbiert habe und mit nur noch zehn Abgeordneten im Parlament vertreten sei. Als Gründe nannte Pellicer zum einen die Ablehnung, Sánchez zu unterstützen, und zum anderen seien viele Wähler wieder zur „PP“ und zu „VOX“ gewechselt.
Kleinere Parteien, die für die Bildung einer Koalition mit Sánchez das Zünglein an der Waage werden könnten, sind unter anderem die neu gegründete linksliberale und grüne Partei „MAS PAIS! - Mehr Land (M)“ oder die links-national ausgerichtete „Esquerra Republicana de Catalunya (ERC)“. Die „ERC“ gewann die Wahlen in Katalonien vor den Sozialdemokraten, die derzeit die zweitgrößte Partei der Region ist. „Junts per Catalunya (JxCat)“, die andere unabhängige Partei, kam in Katalonien auf Platz drei.
Hinzu kommen die baskische nationalistische „Eusko Alderdi Jeltzalea – Partido Nacionalista Vasco (EAJ/PNV)“ und weitere kleine regionale Parteien aus Valencia, dem Baskenland, Navarra, Aragon und den Kanarischen Inseln.
Spanien hat in vier Jahren viermal gewählt. Die Spanier seien nach Einschätzung von Lluis Pellicer inzwischen „wahlmüde“ und wünschten sich eine schnelle Regierungsbildung. Aus seiner Sicht werde sich die Bildung möglicher Koalitionen jedoch noch schwieriger als bei der vorangegangenen Wahl im April dieses Jahres gestalten. Für eine Mehrheit im Parlament benötige Sánchez die Unterstützung der linksorientierten Parteien Podemos (UP), Más País (M) sowie der “JxCat“, der baskischen Nationalisten (PNV) und einer weiteren regionalen Partei. Er hält aber auch eine Minderheitsregierung mit Zustimmung der christdemokratischen Volkspartei (PP) für möglich. Zumindest könnte somit seine Wiederwahl als Ministerpräsident gesichert werden, ebenso ein mögliches Regieren in einer linken Minderheitsregierung. Unwahrscheinlich sei eine große Koalition.