Polens Regierungspartei PiS kann alleine regieren

Anna Słojewska, EU-Korrespondentin der polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita, hat am 15. Oktober 2019 im Mehr-Regionen-Haus in Brüssel die Ergebnisse der Parlamentswahl in Polen kommentiert. Zu der Mittagsveranstaltung in der Reihe „Europa nach den Wahlen“ hatten die Partnerregionen Wielkopolska und Hessen eingeladen.

Lesedauer:3 Minuten

Die nationalkonservative PiS – „Recht und Gerechtigkeit“ von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki stelle wie bisher 235 der insgesamt 460 Abgeordneten im polnischen Parlament und brauche keinen Partner zum Regieren, sagte Anna Słojewska. Die Partei konnte nicht nur ihre absolute Mehrheit der Sitze im „Sejm“ verteidigen, sondern im Vergleich zur Wahl 2015 sechs Prozent an Stimmen dazugewinnen und liege mit 43,6 Prozent weit vor den anderen Parteien, ergänzte die EU Korrespondentin. Doch sei das Ergebnis niedriger als erwartet ausgefallen. Das größte Oppositionsbündnis, die liberalkonservative Bürgerkoalition, komme auf 27,4 Prozent der Stimmen. Außerdem würden das Linksbündnis „Lewica“ mit 12,6 Prozent, die konservative Polnische Koalition der Bauernpartei mit 8,6 Prozent und die rechtsextreme „Konfederacja“ mit 6,8 Prozent im neuen Sejm vertreten sein.

"Polen ist ein geteiltes Land“, fuhr die EU-Korrespondentin fort. Die Aufteilung der politischen Sympathien sei deutlich zwischen dem westlichen, eher liberal und proeuropäischen Teil des Landes und dem östlichen, eher konservativen Teil, zu erkennen. Gleiches gelte für die liberaleren und proeuropäischeren Großstädte, wie Warschau oder Posen, im Vergleich zu kleineren Städten und Landgemeinden.

Ihren Rückhalt bei vielen polnischen Wählern dürfte die PiS vor allem den Reformen im Sozialsystem verdanken, die sie in den vergangenen vier Jahren umgesetzt habe. Dazu zähle beispielsweise eine Erhöhung des Kindergelds, aber auch die Versprechen von einer Erhöhung der Renten und von der Unterstützung der sozial schwächeren Bevölkerung, erklärte Słojewska. Außerdem sei die PiS während des Wahlkampfs unter anderem in den sozialen Medien sehr aktiv gewesen und von der katholischen Kirche unterstützt worden.

Überraschend sei, dass die Siegerpartei in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, nur 48 (-13 vgl. 2015) von 100 Sitzen erreicht und damit die absolute Mehrheit verloren habe. Es sei für die PiS ein enttäuschendes Ergebnis gewesen, sagte Slojewska. Zwar habe der Senat in der Gesetzgebung nur eine beratende Funktion. Er könne jedoch Gesetze blockieren, was eine Verlängerung des Gesetzgebungsprozesses für mehrere Wochen im polnischen Parlament bedeuten könne.

Aus Sicht Słojewska könnte das Regieren für die PiS nicht so einfach wie bisher werden. Im Frühjahr 2020 steht die Wahl des Präsidenten an und die Kandidatenfrage sei noch offen. Von ihrer Beantwortung dürfte ebenfalls abhängen, wie die Politik in Polen künftig gestaltet würde. Auch das Erstarken der Linken „Lewica“ und der rechtsextremen „Konfederacja“ würde die Arbeit der PiS nicht erleichtern. Wohin Polen steuere, sei ungewiss.

Schlagworte zum Thema