Im Auftrag der Europäischen Kommission hat sich der Europäische Ethikrat damit beschäftigt, wie die Arbeitswelt durch demographischen Wandel, Globalisierung und verändern wird. Europastaatssekretär Mark Weinmeister leitete den Abend mit der Frage ein, wie die Zukunft der Arbeit gestaltet werden soll und ob dabei technische Möglichkeiten oder Normen und Verantwortung im Vordergrund stehen sollen.
Die Gesellschaft sei bereits mitten in diesem Wandel, sagte Prof. Dr. Christiane Woopen. In der Zukunft würden 35 Prozent der Berufe in Deutschland, England und Frankreich durch automatisierte Lösungen oder physische Produktedurch Digitallösungen ersetzt werden. Auf der einen Seite könnten dadurch viele Arbeitsplätze verloren gehen, auf der anderen Seite veränderten sich die Tätigkeiten und Berufsfelder, führte Woopen weiter aus. Diese Prozesse seien nicht trennbar von sozialen Transformationsprozessen. Sie hätten Einfluss auf die Ausbildung, da Menschen nicht mehr auf bestimmte Arbeiten, sondern auf den Umgang mit der Zukunft vorbereitet werden müssten. Erforderlich sei auch der Ausbau digitaler Kompetenzen, über die derzeit nur 45 Prozent der Europäer verfügen.
Um diese Veränderungen zu gestalten, hat der Europäische Ethikrat fünf Empfehlungen entwickelt. Das Konzept der Arbeit müsse neu ausgewertet werden, denn Arbeit werde in Zukunft von Zeit, Ort, sowie von Konzepten der klassischen Anstellungsformen und sozialer Sicherung entkoppelt sein. Das bedeute, so Woopen, dass soziale Sicherungssysteme und Geld von Arbeit getrennt sein müssen. Auch der Begriff „Beschäftigung und Arbeit“ müsse auf EU-Ebene neu definiert werden.
Die Stärkung der Wirtschaft solle weiter vorangetrieben werden, wobei ethische Verantwortung von Anfang an eine Rolle spielen solle. Individuelle Weiterbildung" soll durch "gesellschaftliche Weiterbildung“ ersetzt werden, denn die Wirtschaft sei für den Menschen da und nicht der Mensch für die Wirtschaft. Dieser Paradigmenwechsel müsse dann auch von der Gesellschaft mitgetragen werden, die derzeit Arbeit in der Mehrheit als Weg zum Geld verdienen und nicht als Selbstverwirklichung versteht, hob die Vorsitzende des Europäischen Ethikrates hervor. Daher ist die Förderung der gesellschaftlichen Debatte, welche Systeme die Menschen möchten und wie man die Arbeit von sozialen Sicherungssystemen entkoppelt, von Bedeutung.
Es sei wichtig, diesen Prozess aktiv mitzugestalten, betonte Woopen im anschließenden Gespräch mit Holger Beckmann, Korrespondent des ARD-Hörfunkstudios in Brüssel. Für die Schaffung der Rahmenbedingungen stünden die Menschenwürde, die Autonomie des Menschen, in einer weitgehenden Unabhängigkeit sein Leben selbst zu gestalten, sowie das Recht und die Pflicht zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, im Mittelpunkt.