Bereits zum dritten Mal hatte die Hessische Europaministerin Lucia Puttrich zu einer Veranstaltung im Rahmen der im April 2020 eingeführten Reihe „Hessen's Livestream“ in die Hessische Landesvertretung eingeladen. Über 400 Gäste schalteten sich zu der Veranstaltung mit dem Titel „Coronakrise – Auswirkungen auf den Green Deal und die Umweltpolitik“ ein. Europaministerin Puttrich wies in ihrer Einführung auf mögliche Gefahren hin, die dem Green Deal durch die Corona-Krise drohen könnten. Es stelle sich die Frage, ob der Green Deal wie ein Konjunkturprogramm, was ja nach der Krise nötig sei, wirke oder ob er eher in den Hintergrund trete, so die Ministerin.
Diese und weitere Fragen aus dem Publikum diskutierten Carmen Preising und Hendrik Kafsack im Livestream. Carmen Preising wies eingangs darauf hin, dass Forderungen, einzelne Maßnahmen des Green Deals unter dem Eindruck von Corona zu verschieben, bereits verstummt seien. Klimaschutz und Umweltthemen stünden immer noch weit oben auf der Prioritätenliste. Forderungen aus mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten mit dem Tenor, man müsse jetzt eher wirtschaftliche Interessen und weniger Klima- und Umweltschutz in den Vordergrund stellen, begegnete Preising damit, dass gerade der wirtschaftliche Wiederaufbau die Lehren aus der Corona-Krise berücksichtigen müsse. Die EU müsse nachhaltiger, klimaneutral und krisenresistenter daraus vorgehen. Unter Berücksichtigung von Gesundheits-, Umwelt- und Wirtschaftsaspekten könnten Projekte angestoßen werden, die erhebliche Beiträge zum Wachstum leisten würden. Als konkretes Beispiel sprach Hendrik Kafsack die Kreislaufwirtschaft an. Preising stellte heraus, dass die aktuelle Krise zeige, wie zum Beispiel die Lebensmittelerzeugung, die Vorteile kürzerer Versorgungswege und ein sparsamer Umgang mit natürlichen Ressourcen miteinander kombiniert werden könnten. Wie in jeder neuen Kommission sei man noch in der ersten Phase, also bei den großen Linien. Konkret sei bald mit Gesetzgebungsvorschlägen zur Kreislaufwirtschaft, die sich mit Produktzyklen, Herstellung, Ressourcenverbrauch und Ökodesign beschäftigen würden, zu rechnen. Vorrangig sei derzeit eine Überprüfung des Arbeitsprogramms der Kommission. Prioritäten müssten neu gesetzt werden: Was könne schnell Arbeitsplätze schaffen und was könne zeitlich verschoben werden, so Preising. Diese Verschiebungen ergäben sich aus den durch Corona veränderten Anforderungen an die Folgenabschätzung. Ähnlich sei die Lage auch beim Mehrjährigen Finanzrahmen. Schwerpunkt aller Kommissionsaktivitäten seien im Moment Initiativen, die zu sofort verfügbaren Arbeitsplätzen beitrügen. Auf eine Frage von Hendrik Kafsack und Zuschauern zur Landwirtschaft und deren Rolle unterstrich Preising, dass die Landwirte bei der Erreichung von Klimazielen und bei der Versorgungssicherheit eine Schlüsselposition hätten. Sie würden schließlich an vorderster Front unter Dürren und anderen Phänomenen der Klimaveränderung leiden. Weitere Themen waren die Situation im Verkehr, dessen Klimaziele und andere Umweltaspekte, wie Bodenschutz und Flächenverbrauch, die von Gästen in die Diskussion eingebracht wurden. Frau Preising betonte insbesondere die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Nachhaltigkeit. Schon vor Corona, so die Antwort auf die Frage eines Zuschauers, sei den Sektoren Verkehr und Landwirtschaft im Rahmen des Green Deals sehr hohe Priorität eingeräumt worden. Teil einer Mobilitäts- und Emissionsvermeidungsstrategie seien beispielsweise saubere Flugzeugkraftstoffe. Abschließend wies Preising auf die Schlüsselstellung der Ozeane als CO2-Speicher einerseits und Gefahrenquelle andererseits (weltweites Ansteigen des Meeresspiegels) hin.
Ein Video zur Diskussion kann hier auf DeutschÖffnet sich in einem neuen Fenster und hier auf EnglischÖffnet sich in einem neuen Fenster abgerufen werden.