Hessens Europaministerin Lucia Puttrich begrüßte zum Thema „Die Zeit der Naivität ist vorbei – wie die EU Desinformationen bekämpfen und Wahlmanipulationen verhindern will“. „In einer Demokratie zu leben ist ein Privileg und nicht selbstverständlich. Derzeit leben nur etwa sechs Prozent der Menschen weltweit in Demokratien, wie wir sie in Deutschland erreicht haben“, sagte die Ministerin. Bislang habe die EU versucht, dieses Problem mit Selbstregulierung zu lösen. Da unsere demokratischen Systeme zunehmend unter Druck stehen, sei der Aktionsplan der Kommission zur rechten Zeit gekommen, betonte Lucia Puttrich. Es gehe darum, manipulative Falschinformationen und Kampagnen, die „bis an das Herz unserer Demokratie“ heranreichen, zu bekämpfen. Der 2018 beschrittene Weg der Selbstregulierung reiche nicht mehr, Europa müsse mehr tun, um Wahlen zu schützen und Desinformationen zu begegnen. Dabei müsse jedoch mit Augenmaß vorgegangen werden, um die Meinungsfreiheit zu schützen, bekräftigte die Ministerin.
Klares Bekenntnis zur Demokratie
Auch Renate Nikolay erklärte, es sei jetzt an der Zeit für Europa, ein klares Bekenntnis zur Demokratie abzugeben. Man müsse anerkennen, dass es Probleme gebe – und der Aktionsplan setze genau da an. Sein besonderer Mehrwert liege daran, dass er alle Aspekte – Desinformation, Medienpluralismus und Integrität von Wahlen – in einem Wurf behandele. Sie machte deutlich, dass der Aktionsplan Europäische Demokratie auch eine wichtige digitale Komponente habe. Denn Desinformationen seien aufgrund der Amplifizierung im Internet vor allem ein Problem der digitalen Welt. Sie verwies auf den Digital Services Act (sog. DSA), den die Kommission am 15. Dezember 2020 vorgestellt hat und verglich diesen in seiner Bedeutung mit der EU-Datenschutzgrundverordnung.
Pakt gegen Desinformation
Nikolay kündigte ebenfalls einen neuen Pakt gegen Desinformationen an, der auf dem DSA aufbauen werde. Außerdem werde die Kommission im dritten Quartal 2021 einen Legislativakt für mehr Transparenz bei politischer Werbung vorschlagen. Hier gehe es um Fragen, welche Methoden der Werbung, beispielsweise im Wahlkampf, erlaubt sein sollen und welche Regeln für sogenannte „Issue Ads“, also Anzeigen zu bestimmten gesellschaftlichen Themen, die außerhalb von Wahlkampfzeiten geschaltet werden, gelten sollen. Mit Blick auf den Schutz von Journalisten machte die Kabinettschefin deutlich, dass die angekündigte Empfehlung der Kommission über die Empfehlungen des Europarates hinausgehen werde. Als ein Beispiel für geplante Maßnahmen nannte sie den (strafrechtlichen) Umgang mit Verleumdungsklagen gegen Journalisten.
Moment der Wahrheit
Schließlich ging Frau Nikolay auf den Rechtsstaatsmechanismus für den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen, auf den sich der Europäische Rat am 10./11. Dezember 2020 geeinigt hatte, ein. Sie betonte, dass der Verordnungstext durch den Kompromiss im Wortlaut nicht verändert worden sei. Es sei ein „Moment der Wahrheit“ für Europa gewesen, nachdem die Einigung geglückt sei. Die Kommission werde das neue Instrument sorgsam anwenden. Nikolay erwarte, dass eine mögliche Klage vor dem EuGH gegen das neue Instrument im beschleunigten Verfahren behandelt werde, so dass die Verzögerung der Anwendung der Verordnung nur eine Frage von Monaten, nicht Jahren, sein werde.
Das Video zur Veranstaltung kann über diese Links abgerufen werden:
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