Europa nach den Wahlen – „Slowenien wählt die Partei „Freiheit“

Machtwechsel in Slowenien: Der rechtskonservative slowenische Regierungschef Janez Janša ist de facto abgewählt. Die erst vor wenigen Monaten gegründete liberale Partei „Freiheitsbewegung“ (GS) mit ihrem Vorsitzenden Robert Golob ist klarer Sieger, sagte der slowenische EU-Korrespondent Peter Žerjavič von der Tageszeitung DELO am 26. April 2022 in der Hessischen Landesvertretung in Brüssel.

Das erwartete Kopf an Kopf Rennen zwischen der rechtskonservativen „Slowenischen demokratischen Partei“ (SDS) und der liberalen Partei „Freiheitsbewegung“ (GS) mit ihrem Vorsitzenden Robert Golob, blieb aus. Mit über 34,52 Prozent nach Auszählung von 99,98 Prozent der Stimmen ist die GS die stärkste politische Kraft, während die regierende SDS mit gut 23,56 Prozent eine Niederlage erlitten und schlechter abgeschnitten hat als bei der vorangegangenen Wahl im Jahr 2018.

Gudrun Engel, Fernsehkorrespondentin WDR, im Gespräch mit dem slowenischen EU-Korrespondenten Peter Žerjavič
Gudrun Engel, Fernsehkorrespondentin WDR, im Gespräch mit dem slowenischen EU-Korrespondenten Peter Žerjavič

Präsentation der Wahlergebnisse

Der Wahlkampf zwischen Janez Janša und Robert Golob hat zu rückläufigen Ergebnissen der anderen Parteien geführt. Dabei haben vier bisher im Parlament vertretene Parteien die Vier-Prozent-Hürde verfehlt. Die Parteienlandschaft im Parlament ist nun deutlich übersichtlicher mit fünf Parteien. Janez Janšas SDS hätte nur die christdemokratische Partei NSi, die mit 6,85 Prozent abgeschnitten hat, als potenziellen Partner, was für eine Mehrheit im Parlament nicht ausreicht, sagte Peter Žerjavič, der die Wahlergebnisse vorgestellt hat. Die liberale GS und die sozialdemokratische Partei (SD), die eine Koalition bilden wollen, haben zusammen eine Mehrheit mit 48 Sitzen (41 GS +7 SD) im Parlament. Von den insgesamt 90 Sitzen ist je ein Sitz Vertretern der italienischen und der ungarischen Minderheit vorbehalten, die, so Žerjavič, normalerweise mit der jeweiligen Regierungspartei stimmen. Er schloss auch eine Beteiligung der linksgerichteten Partei Levica, die sich nach der Wahl im Jahr 2018 mit 4,38 Prozent halbiert hat und nunmehr nur noch mit fünf Sitzen im Parlament vertreten ist, an einer künftigen Koalition nicht aus.

Die Wahlbeteiligung war erstaunlich hoch und stieg von 53 im Jahr 2018 auf 70 Prozent. Dies sei darauf zurückzuführen, dass insbesondere junge Menschen in größeren Städten sich für die neue Freiheitsbewegung entschieden hätten, führte der EU-Korrespondent weiter aus. Im Sinne der „Freiheitsbewegung“ positiv ausgewirkt habe sich auch eine große Mobilisierungskampagne der Zivilgesellschaft „wir gehen wählen“.

Fernsehkorrespondentin WDR Gudrun Engel moderiert die Veranstaltung
Fernsehkorrespondentin WDR Gudrun Engel moderiert die Veranstaltung

Wahlanalyse - Gudrun Engel, Fernsehkorrespondentin WDR, im Gespräch mit Peter Žerjavič

Wer ist der zukünftige Regierungschef Robert Golob? Robert Golob, Gründer der Freiheitsbewegung, der in den USA studiert hat, ist ein Geschäftsmann und Manager eines Energieunternehmens. Er war erst im Januar 2022 einer grünen Partei beigetreten, die er in „Freiheitsbewegung“ umbenannt hat. Golobs Programm im Wahlkampf sei „vage“ geblieben, meinte Žerjavič. Inhaltlich seien die Aufgaben für die künftige Regierung aber klar: Probleme im Gesundheitswesen beseitigen, grüne Wende, Wohnungsnot lindern, Stärkung der Zivilgesellschaft und Bekämpfung der Korruption sowie die Dauer-Themen: Corona und der Ukraine-Krieg.

„Ungarn und Orbán sind kein Vorbild!“

Einfluss auf die Wahl habe die schlecht gemanagte Corona-Krise nur marginal gehabt. Golobs Sieg sei unter anderem ermöglicht worden, weil er Normalität und Veränderung verkörpere, so der EU-Korrespondent. Vor allem aber, weil sich unter Janša die Politik in den vergangenen zwei Jahren verändert habe. Wie sein Verbündeter Viktor Orbán in Ungarn ist auch Janša wegen autokratischer und populistischer Tendenzen mehr und mehr kritisiert worden. Die Angriffe der Regierung gegen Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit ließen viele Slowenen, aber auch die Europäische Union, befürchten, dass sich Slowenien bei einer Wiederwahl Janšas noch weiter von der Demokratie entfernen würde. Orbán habe aus seiner Sicht einen Unterstützer verloren und stehe mehr und mehr isoliert da.

Wie geht es weiter?

Golob werde sich aus Sicht des slowenischen Journalisten der ALDE anschließen. Golob will möglichst schnell, innerhalb eines Monats, eine Regierung bilden. Im September werde es einen neuen Präsidenten geben und außerdem im Oktober noch Kommunalwahlen.

Gudrun Engel, Fernsehkorrespondentin WDR hat die Veranstaltung moderiert.

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