In verschiedenen Diskussionsrunden standen folgende Themen im Mittelpunkt: Herausforderungen und Durchbrüche in der Forschung zu Infektionskrankheiten und in der Krebsforschung sowie Perspektiven aus der Neurophysiologie, kardiovaskulärer Forschung und Künstlicher Intelligenz. Uwe Becker, Staatssekretär für Europaangelegenheiten, betonte, dass die Rhein-Main-Universitäten, die aus der Goethe-Universität Frankfurt am Main (GU), der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der TU Darmstadt bestehen, für wissenschaftliche Stärke und Zusammenarbeit sowie für die Entwicklung gemeinsamer Schwerpunkte stehen. Prof. Constantin Rothkopf, Gründungsdirektor des Centre for Cognitive Science, Institut für Psychologie der Technischen Universität Darmstadt (TU Darmstadt), ergänzte, dass Stärken der RMU in der medizinischen Forschung, in molekularen Lebenswissenschaften, aber auch in Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz liegen.
14. September 2022
Neue Horizonte für die Gesundheitsforschung
Wie kann die Immunantwort gestärkt werden?
Prof. Volkhard Kempf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum, Goethe-Universität Frankfurt (GU), erklärte, mit Blick auf die weitere Entwicklung des Umgangs mit Sars-Cov-2 sei wohl mit einem Weg in die „Normalität“ zu rechnen. Zugleich schilderte er, dass sich künftig große Herausforderungen mit Blick auf multi-resistente Erreger stellen werden. Antibiotika verlören immer mehr ihre Wirkung und seien künftig auch schwerer herzustellen. Zugleich böten Anti-Virulenz-Strategien neue Möglichkeiten zum Gegensteuern. Katja Neubauer, Senior Expertin aus der Generaldirektion Forschung, trat dafür ein, die neuen Partnerschaften in dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont Europa“ zu nutzen. und verwies auf die von der Europäischen Kommission erreichten Schritte in der Pandemieprävention, wie die Gründung der neuen Agentur HERA (Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen). Gleichzeitig müsse mit Blick auf neu aufkommende Infektionskrankheiten künftig ein schnellerer Datenaustausch zwischen Wissenschaft und Politik ermöglicht werden. Daher sei es wichtig, auf Vorarbeiten zurückgreifen zu können. In diesem Zusammenhang nannte sie die im letzten Arbeitsprogramm von „Horizont Europa“ angestoßene neue Partnerschaft, die sog. „Pandemic Preparedness“-Partnership.
Herausforderungen und Durchbrüche in der Krebsforschung
Mit Blick auf das Feld der Krebsforschung beschrieb Prof. Tobias Bopp, Direktor des Instituts für Immunologie, Universitätsklinikum, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, neue Chancen bei Immuntherapien. Annika Nowak, Koordinatorin der Generaldirektion Forschung der Europäischen Kommission zur „Mission Cancer“, beschrieb das Aktionsfeld der Europäischen Union in diesem Bereich. Die zentrale Frage zum Krebsaktionsplan sei: „Was kann verbessert werden?“ Nowak betonte, dass bereits Gelder aus „Horizont Europa“ und weiteren Fonds fließen. Das allein würde aber nicht ausreichen. Wichtig sei die Forschungsförderung und zugleich die Verknüpfung von Forschung und Innovation mit der EU-Politik. Das Überführen der Erkenntnisse aus „Horizont-Projekten“ in die klinische Anwendung sei dabei auch sehr relevant. Im weiteren Verlauf schilderte Prof. Nico Bruns, Leiter der Forschungsgruppe Nachhaltige Polymere des Fachbereichs Chemie an der Technischen Universität Darmstadt, die Chancen im Bereich der Polymerforschung.
Kann uns „big data“ medizinisch retten?
Auf einem dritten Panel zum Thema Neurophysiologie, kardiovaskuläre Krankheiten und Künstliche Intelligenz (KI) erläuterten die Expertinnen und Experten die negativen Auswirkungen von Covid-19 auf die psychische Gesundheit, aber auch auf die physische, wie die Lungenfunktion. Dr. Anirban Mukhopadjay, Leiter der Forschungsgruppe Medical & Environmental Computing (MEC-Lab) an der TU Darmstadt, zeigte Chancen durch die Nutzung von gesammelten Daten auf. Eine große Herausforderung der Zukunft sei der Umgang und die Nutzung dieser Daten. Trotz der großen technologischen Chancen liege das Problem aktuell und künftig am fehlenden Fachpersonal. Das Ziel bleibe aber: ein effektiver Zugang für alle Patientinnen und Patienten zu KI-basierten Lösungen. Prof. Ingrid Fleming, Direktorin, Institute for Vascular Signalling am Universitätsklinikum, Goethe-Universität Frankfurt, erklärte, dass gerade im Bereich der kardiovaskulären Medizin die interdisziplinäre Arbeit sehr wichtig sei. Hier habe man durch den Umgang mit der Pandemie sehr viel gelernt, gerade mit Blick auf Lungenfunktionen, Trombosen, und Auswirkungen auf das Herz. Prof. Jochen Roeper, Direktor des Instituts für Neurophysiologie und des Zentrums für Physiologie, Universitätsklinikum, Goethe-Universität Frankfurt, führte aus, die Pandemie habe die sehr negativen Auswirkungen von Covid gezeigt, insbesondere bei Jugendlichen auf die Psyche und das emotionale Wohlergehen. Eine Lektion aus der Pandemie: Prävention und frühzeitige Detektion sind besonders wichtig, so sein Fazit.
Die Diskussion wurde von Dr. Lucia Schulten, dpa, Senior Editorial Manager European Newsroom, moderiert.