Zwölf politische Parteien sind im neu gewählten Parlament vertreten. Aufgrund der Zwei-Prozent-Hürde ist die hohe Anzahl kleiner Parteien Tradition in Dänemark, berichtete Karin Axelsson. Es war eine spannende Wahl, deren Ausgang bis in die Nacht offen war: Die Sozialdemokraten erzielten mit Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei den Parlamentswahlen das beste Ergebnis seit zwei Jahrzehnten mit 27,5 Prozent, berichtete die EU-Korrespondentin. Zusammen mit drei weiteren Sitzen aus den autonomen Überseegebieten der Färöer und Grönlands verfügt nun der „Rote Block“ über insgesamt 90 der 179 Sitze des dänischen Parlaments. Ausschlaggebend für diese knappe Mehrheit des linksgerichteten „roten“ Blocks im Parlament waren die Stimmen der beiden grönländischen und einer der beiden färöischen Abgeordneten, betonte Axelsson. Der „blaue“ Block, der von drei rechtspopulistischen Parteien unterstützt wird – gewann 72 Sitze auf dem dänischen Festland und einen auf den Färöer Inseln. Die Wahlbeteiligung am 1. November lag bei 84,1 Prozent.
07. November 2022
Vorgezogene Neuwahlen in Dänemark
Wahlverlierer ist die „Konservative Partei“, die vor den Wahlen erstaunlich hohe Umfragewerte hatte, aber aufgrund einiger persönlicher Skandale um den Parteivorsitzenden während des Wahlkampfes ein miserables Wahlergebnis eingefahren hat. Anstatt nach Meinungsumfragen die zweitstärkste Partei zu werden, landete sie mit nur 5,5 Prozent der Stimmen auf Platz sieben. Die „Christdemokratische Partei“ ist mit 0,5 Prozent nicht mehr im Parlament vertreten. Auch die linksliberale „Radikale Venstre“ wurde mit nur noch 3,8 Prozent (2019/8,6%) mehr als halbiert. Diese Partei, die nach der Wahl 2019 die sozialdemokratische Minderheitsregierung unterstützt hatte, habe im Juni 2022 Frederiksen aufgrund des „Nerzskandals“ gezwungen, sich entweder einem Misstrauensvotum zu stellen oder Neuwahlen auszurufen, führte die EU-Korrespondentin weiter aus. Mette Frederiksen zeigte sich bereits vor der Wahl offen, eine breite rot-blaue Koalitionsregierung zu bilden, zum einen weil sie es während der Wahlen versprochen hat und zum anderen die „Radikale Venstre“ deutlich gemacht hat, dass sie eine komplett „rote Regierung“ nicht akzeptieren werde. Es wird gemunkelt, die „Radikale Venstre „könnte zu dem konservativen „blauen“ Block wechseln, wenn sie ein gutes Angebot erhalte. Sollte sie sich dazu entscheiden, würde sich das Machtgefüge verlagern und ihr könnte eine Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung zukommen, hob Axelsson hervor. Nicht zu einem dieser beiden Blöcke gerechnet seien die „Moderaten“ – eine vom ehemaligen Ministerpräsidenten Lars Løkke Rasmussen neu gegründete Partei - die eine Regierung der Mitte anstrebt und damit bei unklaren Mehrheitsverhältnissen zum Zünglein an der Waage zwischen den beiden Blöcken würde. Lars Løkke Rasmussen wolle eine Zukunft aus der Mitte heraus gestalten und das Blockdenken aufbrechen. Außerdem spreche er sich für eine weniger harte Migrationspolitik aus, so Axelsson. Sowohl die Moderaten als auch die „Dänemarkdemokraten“ sind Abspaltungen von der liberalen „Venstre-Partei“.
Die im Juni 2022 gegründete EU-skeptische Partei „Dänemarkdemokraten“ mit ihrer Vorsitzenden Inger Støjberg schaffte aus dem Stand 8,1 Prozent. Die rechtspopulistische und EU-skeptische „Neue Bürgerliche“ hat mit 3,3 Prozent dazugewonnen (2019/2,4%). Gleichzeitig fand sich die rechtspopulistische „Dänische Volkspartei“, die noch vor einigen Jahren die zweitgrößte Partei war und großen Einfluss auf die dänische Politik hatte, als kleinste Partei mit nur 2,6 Prozent (2019/ 8,7%) wieder. Die zentralen Wahlkampfthemen waren Wohlfahrt, Energiepreise und viele Diskussionen über mögliche Regierungskonstellationen. Der Krieg in der Ukraine wurde nicht kontrovers diskutiert, weil hier weitgehend Einigkeit herrscht, so Axelsson. Es ging eher darum, wie man inmitten von Inflation, Energiekrise und längerfristigen demografischen Herausforderungen ein hohes Wohlstandsniveau sichern könne.
Eine Woche nach der Wahl sei noch unklar, wie die Regierung aussehen wird, sagte Axelsson. Derzeit fänden Verhandlungsrunden aller Parteien mit Mette Frederiksen statt, um über Koalitionsmöglichkeiten zu diskutieren. Möglich wäre auch, dass Mette Frederiksen am Ende zu dem Schluss kommt, wieder eine Minderheitsregierung zu bilden. Fraglich sei hier, ob die Radikale Venstre sie gewähren lässt. Aus europäischer Sicht sei das Wahlergebnis insofern positiv, als die pro-europäische Stimme gestärkt wurde. Dafür gebe es viele Erklärungen, eine sei der Krieg in der Ukraine, eine andere die Covid-Pandemie und eine dritte der Brexit. Ein weiteres positives Signal sei der Ausgang des Referendums zur Abschaffung des EU-Verteidigungsvorbehalts im Juni 2022, dem die Mehrheit der Dänen zugestimmt hat. Und schließlich sei man gut durch die Pandemie gekommen, schlussfolgerte Axelsson.