Am 27. März fand in der Hessischen Landesvertretung eine gemeinsame Veranstaltung zum Thema „Wirtschaftsstandort Europa - Wie die EU auf die geopolitischen und geoökonomischen Herausforderungen reagieren muss“ mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) statt. Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor und Mitglied des Präsidiums des IW, mahnte, dass die Europäische Union jetzt reagieren müsse, um als Wirtschafts-, Industrie- und Investitionsstandort attraktiv zu bleiben. Die veränderte geopolitische Lage und die geoökonomischen Herausforderungen erforderten angesichts ihrer Dimension europäische Antworten, sagte er weiter. Der Ruf nach „immer mehr Europa" als Antwort auf die aktuellen Krisen reiche nicht aus, um einen wirklichen Wandel zu erreichen, der im Sinne des Delors-Plans von 1989 eine neue Vision von Europa verwirklicht. Hüther kritisierte, die Europäische Union sei derzeit zu kleinteilig in ihren Gesetzgebungskompetenzen, wie etwa beim Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz. Es gelte vielmehr, funktionale Zusammenhänge auf EU-Ebene zu bündeln und unter strikter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips Funktionen und Kompetenzen klar zuzuordnen. Wichtig sei, die Integration durch Konzentration und Kooperation voranzutreiben.
Schaffung von funktionalen Integrationsunionen
Hüther nannte die Schaffung von zwei „funktionalen Integrationsunionen“. Zum einen schlug er eine Investitionsunion vor, um vor allem grenzüberschreitende Großinvestitionen zu bündeln und zu konzentrieren. Eine solche Investitionsunion, die wirklich strukturverändernd wirken soll, könne nur durch eine Verstetigung der EU-Mittel finanziert werden, z.B. durch eine Weiterentwicklung der Next-Generation-EU. Zum anderen ging es ihm um eine Verteidigungsunion, die die militärischen Strukturen vereinheitlichen, die Ausgaben für die Verteidigungsfähigkeiten der EU bündeln und die Beschaffung klar definieren sollte. Zur Finanzierung der Verteidigungsunion als europäische Leistung plädierte er für eine EU-Steuer bei gleichzeitiger Steuersenkung in den Mitgliedstaaten.