Arbeiten von Werner Graeff zwischen dem Foyer und dem Kabinettsaal der Staatskanzlei

Der Bauhauskünstler Werner Graeff – De ’Stijl und Informel

Die Arbeiten von Werner Graeff, die sich hier im Flur zwischen dem Foyer und dem Kabinettsaal befinden, sind repräsentativ für seine Formsuche zu Beginn seines „zweiten Künstlerlebens“. Zunächst ist seine Malerei der frühen 1950er-Jahre beeinflusst vom „Zeitphänomen Informel“, der Ablehnung einer organisierten Formstruktur. Später findet er seine künstlerische Identität wieder in einer abstrakten Formensprache, die ihre Wurzeln in Farb- und Kompositionsregeln der De’ Stijl-Gruppe und seiner umfassenden Bauhausschulung hat. Diese Ausbildung dürfte für Werner Graeff das Fundament gewesen sein, um jenen kunsttheoretischen Auseinandersetzungen über Figuration versus Abstraktion zu keiner Zeit dogmatisch folgen zu müssen, sondern ihnen souverän begegnen zu können. Er findet seine Balance zwischen Konstruktivistischem, Geometrisch-Abstraktem, Figurativem und Prozesshaftem.

Die Entscheidung für Graeffs „letzte Umsiedlung“, die Überführung des geschlossenen Nachlasses von Mülheim an der Ruhr nach Wiesbaden 2009/10, gab das Werk selbst vor. Hier im Taunus hatte sich 1927 der ring neue werbegestalter gebildet, zu dem unter anderen Willi Baumeister, László Moholy-Nagy, Kurt Schwitters und Friedrich Vordemberge-Gildewart gehörten. Dieser Teil der Geschichte der Moderne begründet einen der Sammlungsschwerpunkte des Hessischen Landesmuseums Wiesbaden: die konstruktiven Positionen der sogenannten ersten und zweiten Generation.

Von der nationalsozialistischen Kulturpolitik waren die Arbeiten dieser Künstler bekanntlich als „entartet“ gebrandmarkt und aus den Museen entfernt worden. An die Wiesbadener Tradition der konstruktiven Positionen wurde in den 1950er Jahren zunächst nur zögerlich angeknüpft. Erst in den 1990er Jahren glückte mit Hilfe der Schweizer Stiftung Vordemberge-Gildewart und der Schenkung seines Nachlasses der Anschluss an die konstruktive Kunst der Zwischenkriegsjahre.

Aus dem umfangreichen Nachlass Werner Graeffs‘ werden in der Hessischen Staatskanzlei derzeit 21 Gemälde sowie eine Graphikmappe (Flur vor dem Goethe-Saal) als Leihgaben des Museums Wiesbaden präsentiert.

Vita

Werner Graeff (1901 – 1978)

Werner Graeff, 1901 in Wuppertal geboren, war Student am Weimarer Bauhaus und jüngstes Mitglieds der De-Stijl-Bewegung um Theo van Doesburg, Mitarbeiter des Deutschen Werkbundes und in vielen Bereichen künstlerisch-gestaltend wie auch lehrend tätig.

1921-22
Schüler von Johannes Itten und Oskar Schlemmer am Bauhaus in Weimar. Gleichzeitig im Kursus von Theo van Doesburg. Erste abstrakte Arbeiten und erste Veröffentlichung in der Zeitschrift „De Stijl“ (Manifest „Für das Neue“). Bekanntschaft mit Mies van der Rohe und Hans Richter, woraus eine langjährige Zusammenarbeit und Freundschaft erwächst.

1934 – 1950
Exiljahre in Spanien und in der Schweiz. Im Tessin übernimmt Werner Graeff von 1940-45 die Leitung der Fotoschule Locarno.

1951
Rückkehr nach Deutschland. Werner Graeff beginnt sein „zweites Künstlerleben“ und widmet sich wieder der freien Malerei, Plastik und Grafik. Ausstellung der De-Stijl-Gruppe im Stedelijk Museum Amsterdam.

1951-59
Lehrer für freie und angewandte Fotografie an der Folkwang Schule in Essen.

1960
Beginn der freischaffenden Tätigkeit in Essen, später in Mülheim an der Ruhr.

1978
Werner Graeff verstirbt überraschend bei einem Aufenthalt in Blacksburg, Virginia