Kunst im Kabinettssaal der Staatskanzlei

Der Bauhauskünstler Werner Graeff – Spätwerk

Der Kabinettsaal der Staatskanzlei. Hier kommen die Ministerinnen und Minister der Landesregierung unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten zu ihren regelmäßigen Kabinettsitzungen zusammen. Ein „Herzstück“ also der Staatskanzlei – welche Kunst sollte hierfür ausgesucht und hier gezeigt werden?

Die Wahl fiel auf den Bauhauskünstler Werner Graeff und somit bewusst nicht auf eine oder einen der überregional oder international bekannten Kunstschaffenden, wie sie in den meisten großen Museen des Landes zu finden sind. Sondern auf einen Künstler, der hier stellvertretend für eine ganze Künstlergeneration gezeigt wird, deren Ausbildung und Arbeit zwischen den beiden Weltkriegen begann, brutal unterbrochen wurde durch die Nationalsozialistische Gewaltherrschaft und die spät – im Verhältnis zu anderen, beispielsweise US-amerikanischen Künstlern – erst Anschluss suchen konnten an die Entwicklungen und Stilrichtungen der Moderne. Vielen von ihnen bot sich keine Chance mehr auf den „großen Erfolg“, den „großen Durchbruch“ auf dem Kunstmarkt. Aber Menschen wie Werner Graeff haben mit ihrem konsequenten Schaffen dazu beigetragen, bis in unsere Gegenwart den Anspruch auf kulturelle Teilhabe und freie, unabhängige Kunst zu bewahren.

Die vier Gemälde aus seinem Spätwerk, aus den Jahren 1974–78, die hier zu sehen sind, stehen für seinen „reifen“ Stil, nachdem er seine eigene Formensprache wiedergefunden, vieles durchdekliniert hatte und sich auf das Wesentliche zu reduzieren vermochte. Gerade die beiden Arbeiten aus seinem Todesjahr 1978 zeugen von einer Klarheit, die exemplarisch ist für sein Denken und Handeln.

Vita

Werner Graeff (1901 – 1978)

Werner Graeff, 1901 in Wuppertal geboren, war Student am Weimarer Bauhaus und jüngstes Mitglieds der De-Stijl-Bewegung um Theo van Doesburg, Mitarbeiter des Deutschen Werkbundes und in vielen Bereichen künstlerisch-gestaltend wie auch lehrend tätig.

1921-22
Schüler von Johannes Itten und Oskar Schlemmer am Bauhaus in Weimar. Gleichzeitig im Kursus von Theo van Doesburg. Erste abstrakte Arbeiten und erste Veröffentlichung in der Zeitschrift „De Stijl“ (Manifest „Für das Neue“). Bekanntschaft mit Mies van der Rohe und Hans Richter, woraus eine langjährige Zusammenarbeit und Freundschaft erwächst.

1934 – 1950
Exiljahre in Spanien und in der Schweiz. Im Tessin übernimmt Werner Graeff von 1940-45 die Leitung der Fotoschule Locarno.

1951
Rückkehr nach Deutschland. Werner Graeff beginnt sein „zweites Künstlerleben“ und widmet sich wieder der freien Malerei, Plastik und Grafik. Ausstellung der De-Stijl-Gruppe im Stedelijk Museum Amsterdam.

1951-59
Lehrer für freie und angewandte Fotografie an der Folkwang Schule in Essen.

1960
Beginn der freischaffenden Tätigkeit in Essen, später in Mülheim an der Ruhr.

1978
Werner Graeff verstirbt überraschend bei einem Aufenthalt in Blacksburg, Virginia