Hessische Staatskanzlei

Eckpunkte für künftige Beamtenbesoldung präsentiert

Die rund 104.000 hessischen Landesbeamtinnen und -beamte, Richterinnen und Richter sowie gut 84.000 hessische Versorgungsempfängerinnen und -empfänger („Pensionäre“) sollen zum 1. April 2023 und 1. Januar 2024 jeweils drei Prozent mehr Geld erhalten – zusätzlich zur vereinbarten Tarif- und Besoldungserhöhung.

Außerdem steigen die Kinderzuschläge für Hessens Staatsdienerinnen und Staatsdiener deutlich. Zudem sollen Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bereits bei ihrer Einstellung in den Landesdienst höhere Bezüge erhalten. Auf diese Eckpunkte haben sich Landesregierung und Regierungsfraktionen verständigt, um die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung in Hessen zu sichern. Im Herbst 2022 soll ein entsprechender Gesetzentwurf auf den Weg gebracht werden. Die Anpassung ist angesichts einer veränderten höchstrichterlichen Rechtsprechung geboten. Stand heute ist mit Zusatzkosten von rund 195 Millionen Euro für das Jahr 2023 und weiteren rund 274 Millionen Euro für das Folgejahr für die jeweilige Erhöhung um drei Prozent zu rechnen.

Famlienfreundliche und generationengerechte Anpassungen

„Alle Bundesländer sind von Karlsruhe aufgerufen, die Besoldung der Beamtinnen und Beamten in Deutschland anzupassen. Wir haben uns in Hessen frühzeitig festgelegt, dass wir zügig handeln werden. Angesichts der immensen finanziellen Herausforderungen, vor denen auch der Landeshaushalt steht, ist unser Plan für die Beamtenbesoldung in den beiden kommenden Jahren der richtige Weg. Trotz unserer großen Wirtschaftskraft können wir auch in Hessen die notwendigen Verbesserungen für unsere Bediensteten nur schrittweise schultern. Wir schlagen jetzt einen transparenten Reparaturpfad ein, der besonders familienfreundlich und zugleich generationengerecht ist. Nur so können wir nachhaltig unserer Verantwortung gegenüber unseren Bediensteten und der Allgemeinheit nachkommen, um die großen gesamtgesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit mit Umsicht zu meistern“, erklärte der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein.

Das Bundesverfassungsgericht und zuletzt der Hessische Verwaltungsgerichtshof haben in ihren jüngeren Entscheidungen die Rahmenbedingungen für die Besoldung der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen und Richter neu abgesteckt. Beide Gerichte haben deutlichgemacht, dass bei der Bemessung der Besoldung stärker als bisher die tatsächlichen Kosten für die Unterkunft Berücksichtigung finden und sich auch die besonderen Bedarfe von Familien mit Kindern widerspiegeln müssen.

„Die geplanten Maßnahmen werden zu spürbaren Verbesserungen für die Bediensteten führen und sind deshalb große Schritte auf dem Weg zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Mit unserem Plan bleiben zudem alle Optionen offen, weitere Stellschrauben zu justieren, sobald Karlsruhe eine abschließende Bewertung der Besoldung in Hessen vorgenommen hat. Hessen nimmt deshalb zügig und konkret seine Verantwortung als Dienstherr und gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern wahr. Denn: Alle erwarten zu Recht einen verlässlichen und leistungsfähigen öffentlichen Dienst, gerade auch in Krisenzeiten“, ergänzte der Hessische Innenminister Peter Beuth.

Die geplanten Änderungen auf einen Blick:

Anhebung der Besoldung und Versorgung:

  • zum 1. April 2023 sowie
  • zum 1. Januar 2024 um jeweils drei Prozent.

Höhere Familienzuschläge zum 1. April 2023:

  • für die ersten beiden Kinder um jeweils 100 Euro pro Monat (eine Familie mit zwei Kindern erhält 200 Euro zusätzlich),
  • für jedes weitere Kind um jeweils 300 Euro pro Monat (eine Familie mit vier Kindern erhält 800 Euro zusätzlich).
     
  • Angehörige der Besoldungsgruppe A 5 werden zum 1. April 2023 in die besser bezahlte Besoldungsgruppe A 6 überführt.
     
  • Für die Richter- und Staatsanwaltschaft werden zum 1. April 2023 die niedrigsten beiden Erfahrungsstufen entfallen, auch um den gestiegenen Anforderungen im Justizbereich gerecht zu werden.

Hintergrund: Warum verändert Hessen die Beamtenbesoldung?

Alle Länder und der Bund sind durch das Grundgesetz verpflichtet, die Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter angemessen zu besolden. Das Bundesverfassungsgericht hat im Mai 2020 in zwei Grundsatzurteilen festgestellt, dass die Richterbesoldung in Berlin und Nordrhein-Westfalen in Teilen verfassungswidrig ist. Diese Entscheidungen haben Auswirkungen auf alle Bundesländer und den Bund. Konkret geht es um das im Grundgesetz verankerte sogenannte Alimentationsprinzip, insbesondere im Hinblick auf den Abstand zur Grundsicherung.

Zusätzliche Sozialleistungen wirken sich auf Besoldung aus

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2015 verschiedene Kriterien entwickelt, mit deren Hilfe die Angemessenheit der Beamtenbesoldung überprüft werden kann. Dazu gehört unter anderem, dass die Besoldung der Beamtinnen und Beamten in der untersten Besoldungsgruppe mindestens 15 Prozent über dem Grundsicherungsniveau liegen muss. Verglichen werden dabei Familien mit zwei minderjährigen Kindern und einem Einkommen, da die vierköpfige „Alleinverdienerfamilie“ die Bezugsgröße in der Besoldung ist. Dass dieser Abstand sich in den letzten Jahren erheblich verringert hat, liegt insbesondere an dem Umstand, dass zusätzliche staatliche Sozialleistungen für in der Regel arbeitslose oder arbeitssuchende Menschen berücksichtigt werden müssen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Ergebnis die Kriterien für die Prüfung des notwendigen Abstands zur Grundsicherung in den o.g. Entscheidungen neu festgelegt und deutlich verschärft.

Außerdem muss zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen ein hinreichend großer Abstand gewahrt werden. Das heißt, Beamtinnen und Beamte der höheren Besoldungsgruppen müssen wegen der höheren Wertigkeit der ihnen anvertrauten Tätigkeiten ein höheres Einkommen haben als in niedrigeren Besoldungsgruppen.

Besoldungsfragen werden schrittweise durch Gerichtsentscheidungen beantwortet

Offen sind noch zwei Musterstreitverfahren gegen das Land Hessen. Die Kläger tragen vor, die Alimentation in der sog. A- sowie in der W-Besoldung sei nicht amtsangemessen. Zuletzt hatte der Verwaltungsgerichtshof in Kassel entschieden, dass die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Abstandsgebots nicht eingehalten seien und in zwei Beschlüssen vom 30. November 2021 die Frage der Verfassungsmäßigkeit der hessischen Besoldung dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Wird der Abstand der Nettobesoldung in der niedrigsten Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe zum Grundsicherungsniveau nicht eingehalten, wirkt sich dies – gleich einem Domino-Effekt – auf das ganze System und auf alle Besoldungsgruppen aus.

Der Bund, alle Bundesländer und damit auch das Land Hessen stehen nun vor der Herausforderung, eine verfassungskonforme Alimentation der Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter, sowie der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger wiederherzustellen. Die Hessische Landesregierung hatte bereits unmittelbar nach der Verkündung der Vorlagebeschlüsse des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs erklärt, nicht erst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes abzuwarten, sondern unverzüglich Maßnahmen zu entwickeln.