Zu der Veranstaltung „Lehren aus der Pandemie – Das europäische und das globale Krisenmanagement der EU“ hatte die Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten Lucia Puttrich gemeinsam mit dem Leibniz-Forschungsverbund „Krisen einer globalisierten Welt“ eingeladen.
Wellen und ihre Bewältigung
Staatssekretär Mark Weinmeister hob in seiner Begrüßung hervor, dass man sich die Pandemie nicht als einen plötzlichen „Knall“ vorstellen solle, sondern als eine Reihe von drei Wellen mit verschiedenen Intensitäten - epidemiologisch, fachlich und sozioökonomisch – die einzeln bewältigt werden mussten. Fragen, mit denen wir uns beschäftigen müssen, seien beispielsweise, ob wir gelernt haben, mit Panikreaktionen umzugehen, um nicht mit Grenzschließungen zurück ins nationalstaatliche Handeln - zurückzufallen. Es sei mehr als angebracht, darüber zu diskutieren, ob und inwieweit im Rahmen der bestandenen Möglichkeiten und Kenntnisse seitens der EU strukturell richtig gehandelt wurde und ob die vorhandenen Strukturen zur Bewältigung künftiger Pandemien ausreichend sind.
Koordiniertes Krisenhandeln
Daher sei es hilfreich, ausgehend von der aktuellen Mitteilung der Europäischen Kommission vom 15. Juni, über die ersten Lehren aus der Corona-PandemieÖffnet sich in einem neuen Fenster der vergangenen 18 Monate zu debattieren. Die Geschäftsführerin des Forschungsverbundes „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Rebecca Schmidt, warf die Frage auf, wie es um die Organisation und Regeln bestellt war, die ein koordiniertes Krisenhandeln garantieren sollten und wie das Handeln der EU – gerade auch in ihrer globalen Verantwortung – aus heutiger Sicht zu bewerten sei. Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung der Goethe Universität Frankfurt am Main, argumentierte zunächst, dass das Krisenmanagement der EU weit besser gewesen sei als es häufig dargestellt werde. Schon oft habe die EU Krisen als Antrieb für Veränderung genutzt. Sie betonte, dass im Zuge der Corona-Pandemie finanzielle Anstrengungen in ungeahntem Umfang unternommen wurden, die zugleich auch politische Veränderungen außerhalb der Gemeinschaftsverträge bedeuteten. Kritischer zu sehen sei hingegen, ein Dauerkrisenmodus der EU, der bereits vor der Pandemie zu beobachten war, wie etwa bei der Finanz- und Währungskrise oder Migrationskrise. Dieser Dauerkrisenmodus beeinträchtige zum einen die demokratische Qualität politischer Entscheidungsprozesse und zum anderen führe er nicht zu langfristigen politischen Lösungen.
Kapazitäten und Frühwarnsysteme
In der anschließenden Diskussion stellte der stellvertretende Kabinettchef des EU-Kommissars für Krisenmanagement, Kim Eling, fest, dass die EU auf eine Situation wie die der Corona-Krise nicht eingestellt gewesen sei. Das mache aber auch eine echte Krise aus, sagte Nicole Deitelhoff, nämlich, dass sie nicht in dieser Weise vorhersehbar sei. Und daher müsse vor allem die Vorbereitung auf eine „Krise“ in der Bereitstellung von Krisenmanagementstrukturen bestehen. Da man derzeit in krisenreichen Zeiten lebe, müsse man sich abstrakt vorbereiten und nicht auf „die eine spezifische Krise“. Eling wies darauf hin, dass man nun im Sinne einer kurzfristigen Reaktion bei einer Pandemie gelernt habe, wie wichtig der Aufbau von Kapazitäten sei, beispielsweise im Bereich medizinischer Notreserven. Nötig seien auch - bessere Überwachung- und Frühwarnsysteme. Die 10-Punkte in der Mitteilung der Kommission über die ersten Lehren aus der Corona-Pandemie seien eine gute Grundlage für die Vorgehensweisen in der Zukunft. Die Veranstaltung moderierte die EU-Fernsehkorrespondentin Gudrun Engel vom WDR in Brüssel.
Das Video zur Veranstaltung können Sie über untenstehende Links abrufen.