Darüber diskutierten seitens der Europäischen Kommission Carmen Preising, stellvertretende Kabinettchefin des Kommissars Virginijus Sinkevičius - Umwelt, Meere und Fischerei, und der Hessische Staatssekretär für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Oliver Conz, am 18. November 2021 in der Hessischen Landesvertretung in Brüssel. Eingeladen zu der Diskussion hatten die Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Lucia Puttrich, und die Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Priska Hinz.
In seinem Grußwort betonte Europastaatssekretär Mark Weinmeister die besondere Bedeutung des Waldes für Hessen als waldreichstes Bundesland und wies auf den bedeutenden Wert des Waldes für Biodiversität, Klimaschutz und Naherholung und auf die wirtschaftliche Bedeutung des Waldes hin.
Der Wald als Schicksalsfrage für Hessen und Europa: Was bedeutet die Waldstrategie für Hessen?
Der Klimawandel gefährdet unsere bestehenden Waldökosysteme und erfordert eine neue Herangehensweise an das Management und die Neuanlage von Wäldern. Auf die Tragweite der Waldstrategie für Hessen ging Umweltstaatssekretär Oliver Conz ein. Dass über 70.000 Hektar Wald als Folge des Klimawandels zerstört wurden, mache eine Debatte um die zukünftigen Wälder unerlässlich. In Hessen selbst stehe diese Debatte in der breiten Öffentlichkeit und mache den Wald zur Schicksalsfrage der Menschheit, so Conz. Die persönliche Verantwortung eines jeden erwachse vor allem aus der Tatsache, dass der eigene Wohlstand in Teilen aus der vorherigen Zerstörung des Waldes beruhe. Die Europäische Union (EU) könne nicht von anderen Erdteilen den Schutz ihrer Urwälder verlangen, wenn sie nicht selber ambitionierte Vorgaben zum Schutz und zur Entwicklung des Waldes mache. Hessen ergreife daher bereits Maßnahmen, um die Wälder zu schützen und diese auch an den Klimawandel anzupassen und verbinde deshalb auch Hoffnungen mit der neuen EU-Waldstrategie. So werde es vor dem Hintergrund des Klimawandels immer wichtiger, dass Räume geschaffen werden, in denen die Natur uns zeigen kann, welche Bäume sie unter sich wandelnden Bedingungen auswählt. Deswegen habe Hessen zehn Prozent des Staatswaldes aus der Nutzung genommen. Zusammen mit privaten und kommunalen Initiativen sind damit inzwischen fast vier Prozent des Waldes in Hessen der natürlichen Entwicklung überlassen - ein Anteil von fünf Prozent sei angestrebt. Das bedeute aber auch, dass man 95 Prozent des Waldes auch in Zukunft bewirtschaftet sehen wolle – und zwar nachhaltig.
Die Notwendigkeit einer neuen EU-Waldstrategie
Auch für Frau Carmen Preising von der Europäischen Kommission ist der Wald eine Schicksalsfrage, allerdings für ganz Europa. Die massiven Schäden des Klimawandels machten die acht Jahre zurückliegende Waldstrategie hinfällig. Deshalb sei eine neue EU-Waldstrategie notwendig geworden. Die neue Strategie stelle erstmals auch Biodiversität und Klimanutzen in den Fokus, was zuvor vernachlässigt worden sei. Gleichzeitig berücksichtige sie aber weiterhin die sozioökonomische Nutzung des Waldes. Preising betonte, dass sich die neue Strategie auch für diejenigen lohnen müsse, die ihren Lebensunterhalt mit der Waldnutzung bestritten. Es könne nicht erwartet werden, dass die Umsetzung „ein selbstloser Akt der Nächstenliebe“ sei. Die Strategie enthalte unterschiedliche Maßnahmen in unverbindlicher und verbindlicher Form, die auf verschiedenen Ebenen gemäß dem Subsidiaritätsgrundsatz umgesetzt werden könnten. Preising schlussfolgerte, dass eine gute Zusammenarbeit mit den politischen Ebenen unter Beteiligung von Expertinnen und Experten und Betroffenen unerlässlich sei, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Wichtig zur Weiterentwicklung von Zielen und Instrumenten sei eine harmonisierte Datenerfassung. Diese sei bislang lückenhaft. Durch Satellitenüberwachungssysteme von Wäldern könne dieser Zustand verbessert werden.
Beide Referenten waren sich einig, dass die Waldstrategie wichtig zur Erreichung der Klimaziele sei. Auch hofften beide, dass die Waldstrategie in zwanzig bis dreißig Jahren durch einen gesunden und diversen Wald sichtbar wird. So könnten Orte entstehen, in denen Europa für die Menschen erlebbar wird, hoffte Staatssekretär Conz. Preising betonte, dass Vieles, was Hessen bereits umsetze, in der EU-Walstrategie vorgesehen sei. Man könne sich dabei ein Beispiel an Hessen nehmen.
Lucia Schulten von der Deutschen Welle, Studio Brüssel, hat das Gespräch moderiert.
Die komplette Veranstaltung finden Sie hier:
DeutschÖffnet sich in einem neuen Fenster - Lebensgrundlage Wald - Europas grünes Herz schlägt in Hessen
EnglischÖffnet sich in einem neuen Fenster - Forests form the basis of life - Europe’s green heart beats in Hessen