60 Jahre Élysée-Vertrag

Vor welchen Herausforderungen steht die deutsch-französische Freundschaft in einer sich rasch verändernden Welt? Diese Frage stand im Zentrum der gemeinsamen Veranstaltung der Partnerregionen Hessen und Nouvelle-Aquitaine am 24.10.2023 zum 60jährigen Jubiläum des Élysée-Vertrags.

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Es sei wichtig, herauszufinden, was notwendig sei, um die wichtigste Achse Europas, Deutschland - Frankreich, am Laufen zu halten, so Hessens Europastaatssekretär Uwe Becker in seiner Einführung. Mit dem Élysée-Vertrag hätten zwei Staaten gemeinsame Verantwortung für eine Sache übernommen. Das müsse aktuell wieder geschehen. Die Zukunft Europas hänge von einem starken deutsch-französischen Verhältnis ab. Das deutsch-französische Jungendwerk spiele laut Becker eine wichtige Rolle, da es von Beginn an wichtig sei, die junge Generation mit einzubeziehen. 

60 Jahre Élysée-Vertrag
Hessens Europastaatssekretär Uwe Becker

Pascale Joannin, Generaldirektorin der Robert-Schuman-Stiftung und Jacob Ross, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. | DGAP, Research Fellow, Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen, vertieften Fragen des deutsch-französischen Verhältnisses im Anschluss in einem Gespräch mit Karl De Meyer, EU-Korrespondent der Zeitung Les Echos. Es bestand Einigkeit, dass die deutsch-französische Freundschaft von großer Bedeutung für Europa sei, sich aber aktuell in einer Krise befinde. Joannin stellte fest, dass der Krieg in der Ukraine gezeigt habe, dass man zum Beispiel beim Thema Energie unterschiedliche Wege gehe. Deutschland habe andere Probleme als Frankreich, und handele auch anders. Entscheidungen würden aktuell nicht gemeinsam getroffen, sondern einer der beiden Staaten presche vor. 

60 Jahre Élysée-Vertrag
Pascale Joannin, Karl De Meyer und Jacob Ross im Gespräch

Ross forderte, es müsse mehr für die deutsch-französische Zusammenarbeit getan werden. Auch in der Außen- und Sicherheitspolitik hätten sich große Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich gezeigt. Die Versprechen aus der „Zeitenwende-Rede“ von Bundeskanzler Olaf Scholz seien aus Sicht von Frankreich nicht erfüllt worden. Deutschland falle im Bereich Verteidigungspolitik weiter zurück und habe nicht aufgeholt. Außerdem halte sich Deutschland aus Sicht von Frankreich zu sehr an die NATO und an die USA. 

Dem stimmte auch Joannin zu und merkte an, Europa könne sich nicht immer auf die USA verlassen. Zwar sei der aktuelle Präsident der USA ein Freund Europas, aber dies könne sich ändern. Beide stimmten überein, dass es ohne eine deutsch-französische Einigkeit keine Fortschritte in der EU gebe.

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Pascale Joannin, Robert-Schuman-Stiftung

Ross mahnte, gerade beim Thema Reformen vor einer EU-Erweiterung sei eine Zusammenarbeit dringend notwendig. Um das deutsch-französische Verhältnis wieder zu bessern, spiele seiner Ansicht nach die Jugend eine große Rolle. Sie könne mit einer neuen Begeisterung für die „art de vivre“ und die französische Kultur später besser gemeinsam Politik gestalten. Joannin hob auch die Bedeutung von Kooperationen und Initiativen auf regionaler Ebene zwischen Deutschland und Frankreich hervor.

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Über 250 Gäste waren der gemeinsamen Einladung der Partnerregionen Hessen und Nouvelle-Aquitaine gefolgt.