Wie geht es der schwedischen Regierung mit ihrem EU-Ratsvorsitz? Mit dieser Frage eröffnete Moderator Michael Stabenow, ehemaliger EU-Korrespondent der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die Diskussion. Bengt Ljung von der Schwedischen Nachrichtenagentur sieht die seit Januar 2023 amtierende neue schwedische Regierung unter Druck. Sie habe wenig Erfahrung auf EU-Ebene und halte sich mit eigenen Initiativen zurzeit eher zurück. Ihre Prioritäten seien jedoch klar: der Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen, die Energieversorgung und die Auswirkungen auf die Volkswirtschaften der Europäischen Union sowie die EU-Antwort auf die Maßnahmen des US Inflation Reduction Act (IRA).
07. Februar 2023
XX. Europäischer Presseclub 2023 – Ein Jahr vor der Europawahl
Ukrainekrieg, EU-Beitritt, Antwort der EU zum IRA, EP-Wahlen 2024
Im Fokus der Debatte stand der fortdauernde Ukrainekrieg. Der Krieg habe alles verändert, sagte der ungarische EU-Korrespondent Zoltán Gyévai von Free Europe. Ungarns Position sei stark von innenpolitischen Interessen, beispielsweise seiner Energieabhängigkeit von Russland, bestimmt. Angélique Bouin von Radio France führte aus, Frankreich halte eine bessere Abstimmung in der militärischen Abstimmung mit Deutschland für wünschenswert. Zu den Perspektiven eines schnellen EU-Beitritts der Ukraine gefragt, zeigte sich der kroatische EU-Korrespondent der Tageszeitung Večernji List Tomislav Krasnec eher skeptisch: Die Erfahrung zeige, Beitrittsverhandlungen seien nie schnell und einfach und könnten bis zu zehn Jahre dauern. Weiteres wichtiges Thema war die EU-Antwort auf das IRA-Maßnahmenpaket. Investitionen für die Wirtschaft seien natürlich immer gut, sagte Zoltán Gyévai. Nach den jahrelangen Debatten müsse die grüne EU-Industriepolitik nun jedoch endlich konkreter und praxisbezogener werden. Der kroatische Kollege stimmte dem zu. Angesprochen auf die Europawahl 2024 und den Bestechungsskandal um die ehemalige EP-Vizepräsidentin Eva Kaili warf Zoltan Gyevai die Frage auf, ob man von einer systemischen Korruption im Europäischen Parlament ausgehen müsse. Wenn ja, wären massive Interventionen erforderlich. Der Vorgang müsse auf jeden Fall transparent und verantwortlich aufgeklärt werden, betonte Angélique Bouin. Gefragt wurde auch, ob es eine zweite Kandidatur von Ursula von der Leyen geben werde und ob sie dann mit der Unterstützung der Europäischen Volkspartei (EVP) rechnen könnte? Der ungarische Journalist vertrat die Ansicht, dass Manfred Weber, Vorsitzender der EVP, kein Interesse an einem Konflikt um die Kandidatur habe. In Frankreich sei das gar kein Thema, meinte Angélique Bouin, die Franzosen hätten zurzeit andere Sorgen. Zum schwierigen Thema der EU-Asyl- und Migrationspolitik erwartete die Journalistenrunde keine konkreten Ergebnisse vom Brüsseler EU-Gipfel am 9./10. Februar 2023.