Europaminister Manfred Pentz hatte sich genau den 20. Jahrestag der Osterweiterung für seine erste Auslandsreise ausgesucht. Am 1. Mai 2004 wurden zehn neue Länder mit etwa 75 Millionen Einwohnern in die EU aufgenommen. Die Osterweiterung war die bis dahin größte Erweiterungsrunde und hat politisch wie wirtschaftlich die Architektur der EU verändert. Die Reise in die Republik Moldau war deshalb als Zeichen der Solidarität und Unterstützung gedacht. Aber nicht nur. Auch der Bundesrat hat bei den Beitrittsverfahren eine wichtige Funktion und muss am Ende zustimmen.
Die Republik Moldau stellte unmittelbar nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine, am 3. März 2022, ein Beitrittsgesuch. Bereits wenige Monate später, am 17. Juni 2022 erhielt das Land einen Kandidatenstatus. Seit Ende 2023 ist der Weg für den Beginn von Beitrittsverhandlungen frei.
Regierung will Land weiter in Richtung EU entwickeln
In seiner Bilanz ging Europaminister Manfred Pentz auf die allgemeine Situation in der Republik Moldau ein: „Ich habe ein Land wahrgenommen, das mit vielen Problemen zu kämpfen hat. Die meisten davon sind geopolitisch beeinflusst und deshalb nicht allein von Moldau zu lösen. Allerdings konnte ich sehen, dass die Politik vor Ort sehr gute Fähigkeiten im Bereich des Problem-Managements entwickelt hat. So hat die Regierung in Chişinău die seit Jahrzehnten schwelenden Konflikte in Transnistrien und Gagausien auf weitsichtige Art und Weise nicht weiter eskalieren lassen, sondern einen Modus Operandi gefunden, der auf niedrigschwellige Art Konflikte vermeidet. Die aktuelle Regierung ist fest entschlossen, das Land weiter in Richtung EU zu entwickeln und auf diesem Weg sollte Deutschland die Republik Moldau weiter unterstützen.“
Während der Reise traf sich Manfred Pentz mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern der moldauischen Regierung, so etwa mit dem Premierminister der Republik Moldau, Dorin Recean, dem stellvertretenden Premierminister und Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Digitalisierung, Dumitru Alaiba, dem Generalsekretär der Regierung, Artur Mija sowie mit der stellvertretenden Premierministerin und Ministerin für EU-Integration, Cristina Gherasimov.
Unterstützung wirtschaftlicher Verbindungen
Mit Blick auf die geführten Gespräche betonte der Europaminister die Bedeutung der Bundesländer während Beitrittsverhandlungen. „Die Länder sind nicht nur dazu da, am Ende des Prozesses im Bundesrat über die Beitritte abzustimmen. Sie können bereits während der Beitrittsverhandlungen wichtige Partner für die Beitrittsländer sein. Etwa wenn es um die wirtschaftliche Zusammenarbeit geht oder auch im Bereich des Know-How-Transfers auf Verwaltungsebene. Meine Gesprächspartner haben mir eine große Offenheit gegenüber weiteren deutschen Investitionen im Bereich der Chemie- und Pharmaindustrie sowie der Flughafenlogistik signalisiert und ich sehe meine Aufgabe als hessischer Europaminister auch darin, solche wirtschaftlichen Verbindungen in Europa zu unterstützen.“
Im Oktober 2024 stehen in der Republik Moldau Präsidentschaftswahlen an. Es wird erneut ein Kampf um die Seele des Landes. Geografisch zwischen der Ukraine und Rumänien gelegen, sieht Russland das kleine Land, mit rund 2,6 Millionen Einwohnern und der Größe Belgiens als Teil seiner Einflusssphäre an. Seit der Eigenständigkeit ringt Moldau deshalb um einem pro-europäischen Kurs und einer Wiederannäherung an Russland. Nicht nur deshalb ist das Land einer massiven russischen Einflussnahme ausgesetzt. Dabei werden gezielte Falschinformationen und Propaganda eingesetzt, um das Land zu destabilisieren und die Beitrittsperspektive zu verringern. Bei seinen Besuchen der European Union Partnership Mission und des Zentrums für Strategische Kommunikation und Desinformationsbekämpfung ging es um die Dimension des Problems, aber auch um Lösungsansätze.
„Die Erfahrungen mit russischer Einflussnahme, die Methoden, die Narrative und deren Wirkung sind auch für uns in Deutschland wichtige Erkenntnisse. Wir wissen, dass Russland auch in Deutschland und Europa gezielte Cyberangriffe gegen kritische Infrastrukturen durchführt und versucht, die Arbeitsfähigkeit der staatlichen Strukturen zu stören. Es ist also in unserem eigenen Interesse, die Republik Moldau bei der Abwehr solcher Attacken zu unterstützen. Denn so erfahren wir mehr über die Vorgehensweise Russlands und können uns auch in Deutschland besser darauf einstellen. Deutschland ist in der Republik Moldau bereits sehr aktiv. Wir können aber noch mehr tun und auch andere europäische Partner davon überzeugen, sich stärker zu engagieren“, erläuterte der Europaminister.
Tür zur EU ist weit geöffnet
Zum EU-Beitritt der Republik Moldau sagte der Manfred Pentz abschließend: „Seit Dezember 2023 ist der Weg zur Aufnahme konkreter Beitrittsverhandlungen offen. Das ist gut und richtig so. Hessen und Deutschland sollten diesen Prozess im eigenen und im europäischen Interesse nach Kräften unterstützen. Viel wird aber auch daran hängen, wie sich die Bürgerinnen und Bürger der Republik Moldau letztlich entscheiden. Aus meiner Sicht ist die Tür zur EU weit geöffnet. Eintreten müssen die Bürgerinnen und Bürger der Republik Moldau aber selbstständig.“