Lucia Puttrich lehnt an einer Säule in einer Säulenhalle und lächelt in die Kamera

Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Entbürokratisierung

85. Europaministerkonferenz der Länder hat stattgefunden

Lucia Puttrich: „Europäische Grenzschließungen müssen Ultima Ratio bleiben.“

Rein virtuell fand heute die 85. Europaministerkonferenz der Länder statt. Auf der Tagesordnung standen wichtige Zukunftsthemen der EU, zum Beispiel der Einsatz europäischer Wiederaufbaumittel in den Mitgliedstaaten oder die Frage der strategischen europäischen Souveränität. Kurzfristig wurde auch das Thema pandemiebedingte Grenzschließungen innerhalb der EU beraten. Hessens Europaministerin sprach sich in diesem Zusammenhang für eine klare Ultima Ratio Lösung aus:

EU-Grenzschließungen müssen Ultima Ratio bleiben

„Hessen hat mit dem Frankfurter Flughafen vermutlich einen der größten Grenzübergänge in Deutschland. Wir sind also von der Debatte ebenso betroffen, wie die Länder, die landseitig an unsere europäischen Nachbarn angrenzen. Die Freizügigkeit ist eine der zentralen Errungenschaften des europäischen Integrationsprozesses. Damit sollten wir nicht leichtfertig umgehen und diese schon gar nicht populistisch motiviert einschränken. Temporäre Einreisebeschränkungen innerhalb der EU dürfen deshalb nur die Ultima Ratio sein, um ein akutes Infektionsgeschehen einzudämmen. Das bedeutet, dass solche Maßnahmen zeitlich begrenzt und mit unseren europäischen Partnern abgestimmt sein sollten. In Europa haben wir seit Jahrzehnten darauf hingearbeitet, unsere Wirtschaftskreisläufe zu verzahnen. Bei der Debatte um Grenzschließungen müssen wir deshalb auch die wirtschaftlichen Folgen für die Aufrechterhaltung des beruflichen Personen-, Waren- und Lieferverkehrs berücksichtigen“, so Lucia Puttrich.

Die Europaministerkonferenz hat sich zudem umfassend mit dem Thema der Strategischen Europäischen Souveränität befasst. Hintergrund der Diskussion waren Lieferengpässe und der teilweise Abriss von Lieferketten im Zuge globaler Lockdowns. Die EU-Kommission hat kürzlich ihre Vorstellungen zur Verringerung europäischer Abhängigkeiten bei sensiblen strategischen Gütern vorgestellt. Hessens Europaministerin betonte in diesem Zusammenhang, dass es bei dieser Diskussion nicht um Abschottungspolitik gehen dürfe, sondern um die Sicherung von Europas wirtschaftlicher Zukunft.

Strategische Souveränität bedeutet auch, Stärkung globaler Lieferketten

Europaministerin Lucia Puttrich sagte in diesem Zusammenhang: „Europa steht vor großen Herausforderungen. Uns beschäftigen nicht nur durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, sondern wir befinden uns auch im globalen Wettbewerb um Innovation, Technologie und Rohstoffe. Nur über die internationale Kooperation können wir dazu beitragen, Menschenrechte besser zu schützen sowie Umweltstandards und unsere Vorstellungen von Datenschutz und Datensouveränität weltweit durchzusetzen. Europas wirtschaftliche Stärke basiert auf einer intensiven Vernetzung in globale Wirtschaftskreisläufe. Das dürfen wir bei dieser Diskussion nicht vergessen. Was als Debatte um eine europäische Souveränität begonnen hat, darf nicht zu einer Protektions- und Abschottungsdebatte werden. Die Globalisierung ist die Grundlage für unsere wirtschaftliche Entwicklung und damit für unseren Wohlstand. Gerade Deutschland als Exportnation sollte deshalb ein besonderes Interesse an der Stärkung globaler Lieferketten und der Sicherstellung der Versorgung mit Rohstoffen haben.“

Europäische Aufbau- und Resilienzfazilität – Länder endlich einbeziehen

„Im Hinblick auf die Ausgestaltung der europäischen Corona-Hilfen in Höhe von 750 Mrd. Euro über die Europäische Aufbau- und Resilienzfazilität bleibt die Einbindung der Länder ein ernsthaftes Problem. Deutschland hat mehrere Milliarden Euro aus diesen Fonds zu erwarten. Die Bundesregierung verplant diese Mittel jedoch nahezu vollständig, ohne die Länder einzubeziehen. Unabhängig von den richtigen Zielsetzungen, wie der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der Verbesserung des Klimaschutzes und den Ausbau der Digitalisierung, können solche Strategien nicht vom Berliner Reißbrett aus geplant und umgesetzt werden. Die Länder müssen bei der Aufstellung des Deutschen Aufbau- und Resilienzplans (DARP) in angemessener Weise beteiligt werden. Sonst droht ein Förderchaos“, so Hessens Europaministerin.

Zukunftskonferenz – derzeitige Ausgestaltung unambitioniert und enttäuschend

Auch die Konferenz zur Zukunft Europas war ein Thema bei der Beratungen. Hessens Europaministerin zeigte sich enttäuscht von den aktuellen Umsetzungsplänen: „Die bisher bekannt gewordene Ausgestaltung der EU-Zukunftskonferenz ist unambitioniert und enttäuschend. Zwar ist zu begrüßen, dass die Europäische Kommission, der Rat und das Europäische Parlament die Konferenz zur Zukunft Europas überhaupt einberufen wollen. Allerdings ist den nationalen Parlamenten in den aktuellen Planungen zur Konferenz nur eine Beobachterrolle zugewiesen worden. Das entspricht in keiner Weise dem Selbstverständnis unseres demokratischen Gemeinwesens. Die Parlamente sind Orte der lebendigen Demokratie und Debatte. Sie waren bisher auch eine wichtige Stütze des europäischen Integrationsprozesses. Ihnen bei der Zukunftsdebatte lediglich die Zuschauerrolle zuzuweisen, ist unangebracht und steht in keinem Verhältnis zu den sonstigen Mitwirkungsrechten. Schon heute können die nationalen Parlamente über kleinste Verästelungen europäischer Normen mitbestimmen. Warum dann nicht auch über die Zukunft der EU und ihre eigene Rolle darin? Das leuchtet nicht ein“, so Europaministerin Lucia Puttrich.

Kontakt

Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bevollmächtigte des Landes Hessen beim Bund

Pressesprecher Europe-Ressort René Brosius

René Brosius

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