Hessische Staatskanzlei

Egon Fritz, Heidrun Helwig, Kornelia Marschner und Claus Spandau geehrt

Ministerpräsident Volker Bouffier überreicht vier herausragenden Persönlichkeiten aus der Stadt und dem Landkreis Gießen den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland bzw. den Hessischen Verdienstorden.: „Es ist mir eine besondere Freude, Menschen aus meiner Heimat für ihre Verdienste zu ehren.“

Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat heute mit Kornelia Marschner, Claus Spandau, Heidrun Helwig und Egon Fritz herausragende Persönlichkeiten aus der Stadt und dem Landkreis Gießen geehrt. Er überreichte ihnen den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland bzw. den Hessischen Verdienstorden. „Ob in der Kommunalpolitik, in den Kirchen und Vereinen oder in Eigeninitiative – das Engagement der Menschen in unserem Land ist vielfältig. Ihre Verdienste für unsere Gesellschaft sind dabei unerlässlich. Es ist gut, dass wir sie wieder in den Mittelpunkt stellen können. Und es ist mir eine besondere Freude am heutigen Tag, Menschen aus meiner Heimat zu ehren. Sie alle haben sich für die Demokratie und Gesellschaft in unserem Land auf besondere Weise stark gemacht“, erklärte der Hessische Ministerpräsident heute im Biebricher Schloss.

Die Geehrten

Der Spaziergang im Wald oder der Besuch im Restaurant sind für manche in unserer Gesellschaft mit teilweise unüberwindbaren Hürden verbunden. Menschen mit Behinderung benötigen häufig Unterstützung im Alltag und jemanden, der sie fördert und unterstützt. Kornelia Marschner aus Gießen ist so eine Person. Sie arbeitet seit 2000 in der hiesigen Evangelischen Behindertenseelsorge. Ihr Engagement geht jedoch über ihre Dienstzeit hinaus. Seit Oktober 2003 leitet sie die erste hessische Tagesstätte für Seniorinnen und Senioren mit Behinderung. Menschen können sich hier begegnen und gemeinsame Aktivitäten planen. Begegnung findet auch im Verein „Wohnen unter Freunden – inklusives Wohnprojekt Gießen“ statt, den Marschner leitet. Dort wohnen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam und unterstützen sich im Alltag. Außerdem plant die Gießenerin mindestens viermal im Jahr Freizeiten für Behinderte in ganz Europa. „Der Beruf von Kornelia Marschner ist nicht einfach ein Beruf. Er ist ihre Berufung. Sie engagiert sich weit über ihre Arbeitszeit hinaus und ist eine wichtige Ansprechperson für Menschen mit Behinderung in Gießen. Sie lebt die Inklusion und ist somit ein großes Vorbild. Ich bin sehr froh, dass es Menschen wie sie in unserem Land gibt“, erklärte Bouffier und überreichte ihr die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Die Stadt Laubach im Landkreis Gießen liegt unmittelbar am Rande des Naturparks Vulkanregion Vogelsberg. Hier war Claus Spandau bis zum Jahr 2009 hauptamtlicher Bürgermeister. Die Natur war und ist ihm in seinem aktiven politischen Leben ein wichtiges Anliegen. So engagierte er sich als Mitglied im Landesforstausschuss Hessen beim Hessischen Umweltministerium von 1995 bis 2009 für die Hege und Pflege der Wälder. Und auch als Mitglied im Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) wirkte er im gemeinsamen Forstausschuss der kommunalen Spitzenverbände in Deutschland. Er war in dieser Zeit außerdem Mitglied im Deutschen Forstwirtschaftsrat. Der CDU-Politiker wirkte darüber hinaus in diversen kommunalpolitischen Gremien. Seit 1993 ist Spandau Mitglied im Kreistag des Landkreises Gießen, seit 2009 führt er seine Fraktion als dessen Vorsitzender an. Seitdem hat er sich in diversen Ausschüssen und kommunalpolitischen Gremien ehrenamtlich engagiert. „Ich kenne Claus Spandau als einen erfahrenen Politiker, der sich mit Leidenschaft für seine Heimat einsetzt. Fast zwei Jahrzehnte war er als Bürgermeister von Laubach hauptamtlich in Verantwortung. Über viele Jahre begleitet er die Kommunalpolitik im Landkreis Gießen und hat mit seinem umfassenden Wissen und seiner Erfahrung Bedeutendes für die Region geleistet“, erklärte der Regierungschef. Der Hessische Ministerpräsident würdigte Claus Spandau heute mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Der Bahnhof in Gießen ist ein Drehkreuz in Hessen. Von hier aus treten tagtäglich zahlreiche Pendlerinnen und Pendler ihre Reise an oder nutzen ihn um umzusteigen. Von diesem Ort aus wurden jedoch auch unzählige Menschen von dem Nationalsozialisten deportiert und in Konzentrationslagern wie Treblinka und Auschwitz ermordet. Heidrun Helwig gibt den Opfern und Tätern ein Gesicht. Schon während des Geschichtsstudiums an der Universität Gießen war für sie der Nationalsozialismus und Antisemitismus ein Interessenschwerpunkt. Als Redakteurin des Gießener Anzeigers hatte sie einige Jahre später die Möglichkeit, mit Lucille Eichengreen, eine Überlebende der Shoah, an der Arbeitsstelle Holocaustliteratur zu treffen und sich dieses bewegende Schicksal schildern zu lassen. Diese Begegnung hat die Historikerin und Journalistin nicht nur zutiefst berührt, sondern das Erinnern an die Opfer der NS-Verbrechen fortan zu ihrem Lebensthema gemacht. Trotz mancher Anfeindung hat sie sich konsequent in unzähligen Reportagen, Berichten und Kommentaren Forderungen nach einem Schlussstrich entgegengestellt. Vor allem in ihrer Freizeit und auf eigene Kosten hat sie NS-Opfer und ihre Angehörigen ausfindig, ihre Lebenswege nachgezeichnet und öffentlich gemacht. Und die Begegnung mit der Gießener Sintezza Anna Mettbach war Anstoß für Heidrun Helwig, die Verfolgungsgeschichte der Sinti und Jenischen zu recherchieren und damit eine Opfergruppe sichtbar zu machen. Erst kürzlich hat sie zudem einen Aufsatz mit dem Titel „Die Abrahams – eine jüdische Familie aus Gießen“ publiziert, der erstmals anhand von Archivmaterial an vier Geschwister erinnert. „Heidrun Helwig macht etwas, was gemacht werden muss. Die Aufarbeitung der Verbrechen im Nationalsozialismus sind für uns unerlässlich, denn sie rufen uns auch immer wieder ins Gedächtnis, weshalb die Demokratie und Freiheit in unserem Land so elementar sind. Ihr Engagement gegen das Vergessen kennt keine Grenzen, sie leistet alles in Eigenregie. Menschen wie Heidrun Helwig sind wichtig für unsere Werte und die Demokratie in unserem Land“, erklärte der Hessische Ministerpräsident und überreichte Heidrun Helwig den Hessischen Verdienstorden am Bande.

Als Egon Fritz mit seinem Engagement in der Kommunalpolitik begann, war Gießen noch eine Grenzstadt und bundesweit bekannt für das Bundesnotaufnahmelager. Im Jahr 1972 wurde Fritz zum ersten Mal in die Gießener Stadtverordnetenversammlung gewählt. Von 2011 bis 2019 war er zudem erster Bürger seiner Stadt, also Stadtverordnetenvorsteher. Als ehrenamtlicher Stadtrat gehörte der SPD-Politiker von 1997 bis 2011 dem Magistrat der Universitätsstadt Gießen an. Von 1979 bis 1997, fast zwei Jahrzehnte, war er Ortsvorsteher des Ortsbeirats Gießen-Rödgen. Neben seinem kommunalpolitischen Engagement brachte er zusätzlich die Zeit auf, um als Rathausführer den Menschen die Aufgaben der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats näher zu bringen. „Wir reden oft davon, dass wir uns wieder auf die Werte von Demokratie und Freiheit stärker besinnen sollten. Egon Fritz lebt sie. Er ist nicht nur mehr als 40 Jahre in der Gießener Kommunalpolitik aktiv, sondern er trägt sie auch nach außen. In seiner aktiven Zeit habe ich Egon Fritz als einen Politiker kennengelernt, der stets den Kompromiss und die Lösung in den Fokus seines Handelns gestellt hat. Für sein Engagement im Dienste der Demokratie danke ich ihm außerordentlich“, so Bouffier, der Egon Fritz heute das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreichte.

Hintergrund

Hessischer Verdienstorden

Der Hessische Verdienstorden wird zur Würdigung hervorragender Verdienste um das Land Hessen und seine Bevölkerung vom Hessischen Ministerpräsidenten verliehen. Es gibt zwei Ordensstufen: Hessischer Verdienstorden am Bande (niedrigere Stufe) und Hessischer Verdienstorden (höhere Stufe).

Bundesverdienstkreuz

Der damalige Bundespräsident Theodor Heuss stiftete im Jahr 1951 den Verdienstorden der Bunderepublik Deutschland. Er wird für besondere Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland sowie für Leistungen im politischen, wirtschaftlichen, sozialen und geistigen Bereich verliehen. Der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland wird in acht Stufen verliehen. Im Folgenden sind sie nach Höhe der Stufen geordnet, beginnend mit der niedrigsten: Verdienstmedaille, Verdienstkreuz am Bande (umgangssprachlich: „Bundesverdienstkreuz“), Verdienstkreuz 1. Klasse, Großes Verdienstkreuz, Großes Verdienstkreuz mit Stern, Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband, Großkreuz sowie Sonderstufe des Großkreuzes.