Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Entbürokratisierung

Europaministerin reist nach Bosnien und Herzegowina

Europaministerin Lucia Puttrich ist am Sonntag zu einem dreitägigen Arbeitsbesuch nach Bosnien und Herzegowina aufgebrochen. Das Land ist einer der Nachfolgestaaten Jugoslawiens und zahlte für seine Unabhängigkeit einen hohen Preis.

Unmittelbar nach dem Unabhängigkeitsreferendum im Jahr 1992, bei dem sich etwa 60 Prozent der Bevölkerung für eine Unabhängigkeit von Jugoslawien aussprachen, brach der Bürgerkrieg aus, welcher bis zum Friedensabkommen von Dayton im Jahr 1995 andauerte.

Zum Auftakt der Reise sagte Europaministerin Lucia Puttrich: „Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im letzten Jahr wurde viel darüber gesprochen, dass dies der erste Krieg seit dem Ende des 2. Weltkrieges in Europa sei. Dabei wurden oft das Leid und der Schrecken der Kriege im ehemaligen Jugoslawien, etwa in Kroatien oder im Kosovo, übersehen, bei denen insgesamt über 200.000 Menschen den Tod fanden. Der Krieg in Bosnien und Herzegowina ist mit den Gräueltaten in Srebrenica und Sarajevo verbunden und wütete fast vier Jahre lang. Er kostete mehr als 100.000 Menschenleben, über 20.000 Frauen mussten systematische Massenvergewaltigungen erleiden und über zwei Millionen Menschen wurden vertrieben. Ja, es hat auch vor der Ukraine einen schrecklich brutalen Krieg in Europa gegeben und daran und an unsere Verantwortung, uns für den Frieden einzusetzen, möchte ich mit dieser Reise erinnern.“

Lucia Puttrich verwies in diesem Zusammenhang auch auf die schweren Verbrechen jenes Krieges: „Die Massaker von Srebrenica waren die bis dato schwersten Kriegsverbrechen in Europa nach 1945 und haben sich fest in die Identität des Landes und seiner Bevölkerung eingebrannt. Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hat sie später als Völkermord bewertet. Es liegt in unserer Verantwortung, als Deutsche und als Europäer, uns für den Frieden in Europa und der Welt einzusetzen. Der Krieg in der Ukraine hat uns, als westliche Staatengemeinschaft und als dem Frieden verpflichtete Demokratien daran erinnert, dass dies nicht allein durch fromme Wünsche gelingt. Wir müssen deshalb auch aktiv etwas für den Frieden und die Stabilität im Westbalkan unternehmen und die Region nicht anderen politischen Mächten überlassen.“

Politische Lage im Land

Seit dem Ende des Krieges besteht das Land aus zwei autonomen Teilen, der Republik Srpska und der Föderation Bosnien und Herzegowina. Seit Jahren befindet sich das Land im EU-Annäherungsprozess. Im Jahr 2016 hat das Land einen offiziellen Beitrittsantrag zur EU gestellt. Im Dezember 2022 wurde dem Land der Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkannt, unter der Bedingung, dass es die empfohlenen Schritte zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, zur verstärkten Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, zur Verbesserung der Migrationssteuerung und zur Stärkung der Grundrechte ergreift. Zuletzt gab es u.a. wegen Unabhängigkeitsbestrebungen der Republik Srpska jedoch zahlreiche interne Probleme. Das Ziel des Arbeitsbesuches ist es, sich über die aktuelle politische Lage im Land und über Maßnahmen zur Vergangenheitsbewältigung zu informieren.

Während ihrer Reise wird Lucia Puttrich auch mit dem Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, dem Direktor für EU Integration, der bosnischen Ministerin für Umwelt- und Tourismusfragen sowie mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft, etwa dem Verein „Vergessene Kriegskinder“ zusammentreffen. Am Montag wird sie zudem die Gedenkstätte Srebrenica besuchen.

„In Deutschland leben über 200.000 Staatsangehörige Bosnien und Herzegowinas, ca. 25.000 von ihnen leben in Hessen. Damit war Deutschland mit Abstand das Land in der EU, welches die meisten Flüchtlinge aus Bosnien aufnahm. Das bedeutet, dass es sehr viele menschliche Verbindungen und kulturelle Anknüpfungspunkte zwischen unseren Ländern gibt. Viele der einstigen Flüchtlinge sind heute in unserer Gesellschaft integriert, sind unsere Nachbarn, Freunde oder Sportkameraden. Der Krieg in der Ukraine hat bei vielen von ihnen alte Traumata wiederbelebt. Ich möchte mit dieser Reise auch ein Stück Mitgefühl und Anteilnahme ausdrücken, Perspektive in Richtung eines geeinten und friedlichen Europas aufzeigen und unsere Verbundenheit mit den Menschen in Bosnien und Herzegowina ausdrücken“, sagte Lucia Puttrich.

Kontakt

Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bevollmächtigte des Landes Hessen beim Bund

Pressesprecher Europe-Ressort René Brosius

René Brosius

Pressesprecher

Bund & Europa

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