„Die heutige Ehrung findet anlässlich des Tages der Deutschen Einheit statt – einem der bedeutendsten Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg für unser Land. Der Mauerfall am 9. November 1989 ebnete auch den Weg für ein erweitertes und friedliches Europa. Dass ein solches Leben in Frieden alles andere als selbstverständlich ist, hat uns der brutaler Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine vor Augen geführt. Gerade jetzt ist der Zusammenhalt unserer Gesellschaft aber auch in ganz Europa wichtiger denn je. Und um diesen Zusammenhalt haben Sie sich beide ganz besonders verdient gemacht“, sagte Lucia Puttrich während Feierstunde anlässlich der Übereichung der Verdienstorden in der Staatskanzlei.
Engagement für Frauen
„Sie, liebe Frau Dr. Ísleifsdóttir-Bickel, haben Ihr Leben der Unterstützung der Frauen gewidmet, die im Bosnienkrieg misshandelt wurden. Einem Krieg, der mitten in Europa stattfand und der uns noch heute daran erinnert, dass die friedliche Revolution in der früheren DDR ein besonders Ereignis war und dass der Umbruch in dieser Zeit nicht überall friedlich ablief. Berichte über Massenvergewaltigungen als perfide Kriegstaktik erschütterten damals die Welt. Das Schicksal der betroffenen Frauen berührte uns tief. Um nicht tatenlos zuzusehen, wurden Sie zur Mitbegründerin der Initiative „Frauen in Schwarz Wiesbaden“, die wöchentliche Mahnwachen am Wiesbadener Mauritiusplatz abhielt. Zudem sammelten Sie Spenden für Kriegsopfer. Sie haben gemahnt, Sie haben erinnert und Sie haben direkt geholfen. Aus der Wärme Ihres Herzens und dem Mitgefühl, dass Sie empfunden haben, ist etwas Wunderbares entstanden, was uns als Menschen in Europa näher zusammengebracht hat“, so die Europaministerin.
„Sie wollten die Frauen nicht in ihrem Elend alleinlassen, sondern ihnen eine Perspektive geben. Als Lehrerin und Historikerin lag für Sie dabei der Schlüssel in Bildung. So wurden Sie Mitbegründerin des Vereins „Biser International Sektion Wiesbaden e.V.“, der nach dem Ende des Bosnien-Krieges als Verein „Biser e.V.“ neu gegründet wurde und bis heute von Ihnen geleitet wird. In den mittlerweile drei Frauenzentren des Vereins finden Betroffene sowohl medizinische Hilfe als auch Zugang zu kostenlosen Sprach-, Näh-, Sekretärinnen-, Buchhaltungs- und Computerkursen. Seit 1993 haben mehr als 23.000 Frauen an den Programmen teilgenommen und die Chance auf ein besseres Leben ergriffen. Doch damit nicht genug: Sie setzen sich auch für Patenschaften für bosnische Kriegswaisen ein und haben selbst eine Patenschaft für zwei behinderte Kinder übernommen. Sie können wirklich stolz auf Ihr Lebenswerk sein und mit dieser Auszeichnung möchten wir Ihnen nicht nur für ihr gesellschaftlichen Engagement danken, sondern auch zeigen, dass der Einzelne viel für unsere Gesellschaft tun kann“, würdigte Lucia Puttrich die Lebensleistung Frau Dr. Ísleifsdóttir-Bickels.
Einsatz für Sprachförderung
„Sie, liebe Frau Froehlich, werden heute für Ihren herausragenden Einsatz für die Förderung der deutschen Sprache und des friedlichen Zusammenlebens aller Menschen geehrt. Als Pädagogin übernahmen Sie über die Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA) die Aufgabe der Fachberaterin für Deutsch in Turkmenistan. Dort führten die ersten Schüler überhaupt zum Deutschen Sprachdiplom. Weit über Ihre Pflichten hinaus berieten Sie die Jugendlichen über Studienmöglichkeiten in Deutschland, unterstützten Fortbildungen für die turkmenischen Deutsch-Lehrkräfte und vieles mehr. Es ist ganz wesentlich Ihrem Einsatz zu verdanken, dass deutsche Programme in Turkmenistan nach 2001 so häufig erfolgreich waren und so viele Stipendien für dieses Land vergeben wurden“, hob Lucia Puttrich hervor.
„Bezeichnenderweise halten Sie bis heute den Kontakt zu Deutschlehrerinnen und - lehrern wie auch zu ehemaligen Schülern aus Turkmenistan. Regelmäßig holen Sie Teilnehmer von Fortbildungen vom Frankfurter Flughafen ab, bringen sie bei sich zu Hause unter, verpflegen sie auf eigene Kosten und bringen sie nicht selten sogar zum Tagungsort. Auch nutzen Sie Ihre Kontakte zu ehemaligen Kolleginnen und Kollegen in Turkmenistan, um Spendensammlungen vor Ort zu verteilen, die Sie selbst ins Leben gerufen haben. Ihr leidenschaftlicher Einsatz für andere zeigt sich nicht zuletzt auch in Ihrer Mitarbeit in der Flüchtlingshilfe Darmstadt“, so die Europaministerin.
„Liebe Frau Dr. Ísleifsdóttir-Bickel, liebe Frau Froehlich: Sie beide haben durch Ihr außerordentliches Engagement Menschen geholfen, ihnen neue Perspektiven aufgezeigt und viele Schicksale zum Besseren verändert. Sie sind starke Frauen, die angepackt haben und damit so vielen Menschen geholfen haben. Das verdient Respekt und unseren Dank. Ich gratuliere Ihnen zu den hohen Auszeichnungen, die Sie heute zu Recht erhalten haben. Es sind die höchsten Auszeichnungen, die unser Land zu vergeben hat und Sie haben diese verdient“, schloss Lucia Puttrich.
