Crisis Talk - „Die Ausbreitung antibiotikaresistenter Keime als globale Krise“

Antimikrobielle Resistenzen (AMR) werden als eine der drei größten Gesundheitsgefahren identifiziert, die Koordinierungsmaßnahmen auf EU-Ebene erfordern. Wie die Ausbreitung von AMR verhindert werden kann, diskutierten Experten aus Wissenschaft, Forschung und Politik am 24. Januar in der Hessischen Landesvertretung.

Lesedauer:4 Minuten

Eingeladen hatten die Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten Lucia Puttrich gemeinsam mit dem Leibniz-Forschungsnetzwerk „Umweltkrisen - Krisenumwelten“, dem Forschungsverbund „Normative Ordnungen – Goethe Universität Frankfurt“ sowie dem Leibniz-Forschungsverbund INFECTIONS.

Es bedarf national, europäisch und international noch vielfältiger Initiativen und Maßnahmen zur Bekämpfung und Verhinderung der Ausbreitung von antibiotikaresistenten Keimen. Prof. Dr. Nicole Deitelhoff vom Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung / Goethe Universität Frankfurt am Main betonte, dass Antimikrobielle Resistenzen (AMR) als latente Krise aufgrund anderer Krisen, wie der Covid-19-Krise sowie des Ukraine-Krieges, in den Hintergrund getreten sei. AMR fordere Millionen Menschenleben jedes Jahr. Allein in der Europäischen Union würde die Zahl auf über 30.000 geschätzt, sagte Deitelhoff weiter. Prof. Dr. Ulrich Schaible, Sprecher des Leibniz-Forschungsverbunds INFECTIONS, Forschungszentrum Borstel, führte aus, dass menschliche und tierische Gesundheit miteinander zusammenhängen, da Krankheiten vom Menschen auf Tiere und umgekehrt übertragen werden und sie deshalb bei beiden bekämpft werden müssen. Je mehr Antibiotika ihre Wirkung verlieren, desto stärker stünden die Errungenschaften der modernen Medizin auf dem Spiel, sagte Prof. Dr. Schaible weiter. Viele Operationen, vor allem Transplantationen, wären ohne die Wirkung von Antibiotika nahezu unmöglich.

Crisis Talk - „Die Ausbreitung antibiotikaresistenter Keime als globale Krise“
v.l.n.r. Prof. Dr. Ulrich Schaible, Leibniz-Forschungsverbund INFECTIONS, Moderator Moritz Koch vom Handelsblatt, Dr. Wolfgang Philipp, Europäische Kommission, stv. Direktor der Europäischen Behörde für die Krisenvorsorge und-reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA), Peter Liese, MdEP

Diskussion zum Umgang von AMR

Im Rahmen der anschließenden Podiumsdiskussion hob der Europaabgeordnete Dr. Peter Liese hervor, dass die COVID-19 Pandemie mit einer relevanten Wahrscheinlichkeit keine neuen Mutationen mehr hervorbringe. Daher solle die ganze Kraft auf die ungelösten Probleme, wie beispielsweise Antibiotikaresistenz, gelegt werden. Hier forderte er Innovation, denn ohne neue Antibiotika gehe es nicht mehr. Dr. Wolfgang Philipp, stellvertretender Direktor in der Generaldirektion der Kommission für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA), betonte mit Blick auf die AMR, dass man inmitten einer echten Krise sei, die sich langsam entwickle. HERA versuche unter anderem ein Netzwerk von Mitgliedstaaten zu initiieren, um beispielsweise neue Anreizmodelle wie gemeinsame Beschaffung sowie Regeln für eine Abnahmegarantie für die Hersteller zu vereinbaren. Prof. Schaible erklärte, dass das goldene Zeitalter der Antibiotika vorbei sei. Neue anti-mikrobielle Wirkstoffe ebenso wie wirksame Impfungen und wirts-orientierte Therapien müssten entwickelt werden. Dafür sei mehr Forschungsförderung erforderlich. Moritz Koch vom Handelsblatt hat die Veranstaltung moderiert.

Die komplette Veranstaltung im Video finden Sie hier:

DeutschÖffnet sich in einem neuen Fenster - Crisis Talk: Die Ausbreitung antibiotikaresistenter Keime als globale Krise

EnglischÖffnet sich in einem neuen Fenster - Crisis Talk : Spread of antibiotic-resistant germs as a global crisis