Crisis Talks - „Zwischen Diplomatie und Krieg: Wie erfolgreich sind europäische Sanktionen?“

„Sanktionen sind ein Langstreckeninstrument, für einen Sprint sind sie nicht geeignet“, sagte Prof. Dr. Nicole Deitelhoff von der Hessischen Stiftung Frieden- und Konfliktforschung am 6. Juli in der Hessischen Landesvertretung. So sei die bisherige Bilanz der Sanktionen gemischt.

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Eingeladen hatten die Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten Lucia Puttrich gemeinsam mit dem Leibniz-Forschungsnetzwerk „Umweltkrisen – Krisenumwelten“ sowie dem Forschungszentrum „Normative Ordnungen – Goethe Universität Frankfurt“ im Rahmen der Reihe Crisis Talks.

Live-Publikum des Crisis Talks zum Thema: Zwischen Diplomatie und Krieg: Wie erfolgreich sind  europäische Sanktionen?

Europaministerin Lucia Puttrich eröffnete die Veranstaltung mit der Frage nach der Wirksamkeit und Effektivität europäischer Sanktionen im Hinblick auf die insgesamt elf Sanktionspakete der Europäischen Union (EU) gegen Russland. Sie betonte auch, dass bei der Analyse der Sanktionen vor allem die Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Weltwirtschaft zu beachten seien, da die Sanktionen die bereits angespannte Versorgungslage globaler Nahrungsmittelmärkte zusätzlich verschärfen würden. In ihrem Impulsvortrag stellte Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung/ Goethe Universität Frankfurt am Main, heraus, dass Sanktionen nicht unmittelbar wirkten. Sie zeigten jedoch dennoch Wirkung und zwar, indem sie die Fähigkeit Russlands verringern, den Krieg zu finanzieren und nachzurüsten. Prof. Deitelhoff unterstrich ferner, dass Sanktionen nicht nur ein Ziel verfolgten, sondern vielmehr drei Funktionen hätten:

Diese seien erstens, eine Verhaltensveränderung zu erzwingen (coercion), zweitens, die Handlungsmöglichkeiten des Sanktionierten zu beschränken (constraining) sowie drittens, Signale an Unbeteiligte zu senden, dass Regelverstöße massive Konsequenzen hätten und nicht geduldet würden, um Nachahmer abzuhalten (signalling).

Impuls von Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung/ Goethe Universität Frankfurt am Main

Im Rahmen der anschließenden Podiumsdiskussion hob Prof. Deitelhoff hervor, dass Sanktionen nur in Verbindung mit anderen Mitteln wirkten. Man müsse für eine große Volkswirtschaft wie Russland den Fokus auf die Handlungsbeschränkungen und das „Signalling“ setzen. Des Weiteren hob sie hervor, dass die EU in der Sanktionsüberwachung und bei schnellen Gegenmaßnahmen zur Sanktionsumgehung koordiniert agieren müsse. Dr. Andreas Schwarz, Stellvertretender Generaldirektor des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF), stellte dessen Arbeits- und Funktionsweise vor. Er hob insbesondere die Kooperation und Ansammlung von Informationen hervorhob, die essentiell seien, um gegen Russland vorgehen zu können. OLAF habe dafür im Juni die „Joined sanction enforcement operation“ begonnen, an der die Mitgliedsstaaten, USA, das Vereinigte Königreich und Kanada beteiligt sind. Michael Gahler, Mitglied des Europäischen Parlaments und Ständiger Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die Ukraine, wies mit Nachdruck darauf hin, dass eine starke und einheitliche politische Stimme gegen Russland erforderlich sei und, dass man Sanktionen im Bereich der nuklearen Zusammenarbeit benötige. Stephanie Lob, Agence France-Presse, hat die Veranstaltung moderiert.

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