Am 23.11.2023 hat Ria Cats, Het Financieele Dagblad, die Wahlergebnisse in der Landesvertretung vor mehr als 140 Gästen präsentiert und anschließend im Gespräch mit Markus Becker, Der Spiegel, analysiert. Staatssekretär Uwe Becker gab einleitend einen Rückblick auf das Wahljahr 2023 und die zahlreichen „Europa nach den Wahlen“-Veranstaltungen der Landesvertretung. So habe die Wahl in Polen im Oktober hoffnungsfroh eine neue Perspektive für Europa eröffnet, während die vorgezogene Wahl in den Niederlanden eher dazu führe, dass man innehalte.
23. November 2023
Die Niederlande haben gewählt
Ursprünglich sollte in den Niederlanden erst im März 2025 gewählt werden. Aber die Regierungskoalition aus der Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), dem Christlich-Demokratischen Aufruf (CDA), den Demokraten 66 (D66) und der Christlichen Union (CU) war im Juni 2023 aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über die Asylpolitik zerbrochen. Das Ergebnis der Wahl war überraschend: Die PVV (Partij voor de Vrijheid) des rechtspopulistischen Spitzenkandidaten Geert Wilders hat die Wahlen gewonnen; sie erzielte 37 von insgesamt 150 Mandaten. Die konservative VVD des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mark Rutte erreicht mit 24 Parlamentssitzen den dritten Platz hinter der GL-PvdA (GrünLinks-PvdA), die 25 Mandate erhalten hat. Auf dem vierten Platz liegt die von Peter Omtzigt neu gegründete Partei „Neuer Gesellschaftsvertrag“ (NSC); abgeschlagen dagegen ist die Bauern-Bürger-Partei (BBB), die bei den Provinzwahlen im März 2023 noch stärkste Kraft war.
Ria Cats erwartet, dass Geert Wilders neuer Ministerpräsident der Niederlande wird – in einer Koalition mit VVD, NSC und BBB. VVD und NSC hätten bereits eine gewisse Offenheit gezeigt. Wie lange diese Regierung bestehen bleibe, sei dann aber eine andere Frage.
Der ehemalige Vizepräsident der Kommission und Spitzenkandidat des Bündnisses GrünLinks-PvdA, Frans Timmermans, habe sich am Wahlabend als schlechter Verlierer gegeben. Das sei unklug – denn er könnte noch Ministerpräsident werden, wenn es Geert Wilders nicht gelingt, eine Koalition zu formen. Die Regierungspartei VVD habe einen strategischen Fehler gemacht, als sie sich im Wahlkampf offen für eine Koalition mit der PVV gezeigt habe, so Ria Cats deutliches Urteil. Das habe Geert Wilders salonfähig gemacht. Auf die Befürchtungen, die mit einem Ministerpräsidenten der PVV verbunden sind, entgegnete Ria Cats, man könne die 2,5 Mio. Wählerinnen und Wähler der PVV nicht ignorieren. Nun müsse Gert Wilders seine Regierungsfähigkeit beweisen. Außerdem werde die PVV eine Koalition eingehen müssen, und die staatlichen Institutionen in den Niederlanden seien stark. Sie vermutet allerdings, dass die Koalitionsverhandlungen lange dauern – eine neue niederländische Regierung komme möglicherweise erst im Sommer 2024 ins Amt.