Europa nach den Wahlen: Luxemburg hat gewählt

Die Ampel-Regierung von Luxemburg ist abgewählt. Vor allem die Grünen verloren Stimmen, profitieren konnten die Konservativen. Danièle Weber, EU-Korrespondentin des luxemburgischen Radio 100,7, hat die Wahlergebnisse am 11.10.2023 in der hessischen Landesvertretung präsentiert und anschließend im Gespräch mit Charlotte Wirth, Journalistin bei Stern Recherche, analysiert.

Lesedauer:4 Minuten

Europastaatssekretär Uwe Becker begrüßte die mehr als 100 Gäste und wies zunächst auf die dynastische Verbindung zwischen Luxemburg und Hessen hin. Die Wahl in Luxemburg am 08.10.2023 galt als unspektakulär, und sei doch ein Paukenschlag gewesen, so der Staatssekretär in seiner Einführung.

Denn mit künftig vier statt wie bisher neun Sitzen im Parlament habe Déi Gréng, die Grünen, laut Danièle Weber, überraschend stark verloren. Die Ergebnisse der anderen sechs Parteien hätten sich hingegen nur marginal verändert. Die liberale DP habe nun 14 Sitze und die sozialdemokratische LSAP elf. Damit kommt die bisherige Ampel-Koalition aus LSAP, DP und den Grünen nur auf 29 der benötigten 31 Sitze und sei abgewählt. Stattdessen erwarte sie eine Koalition aus der konservativen christlich-sozialen Volkspartei (CSV) mit 21 Sitzen und der DP. Die rechtspopulistische ADR mit fünf Sitzen und die Piraten-Partei mit drei Sitzen verbleiben in der Opposition.

Europa nach den Wahlen: Luxemburg hat gewählt
Danièle Weber präsentiert das Wahlergebnis

Die Grünen seien in diesem Wahlkampf zu wenig kämpferisch aufgetreten, glaubt Danièle Weber. Sie konnten so keine neuen Wähler gewinnen, und die Stammwählerschaft habe sich von ihnen im Stich gelassen gefühlt. Außerdem führt die Journalistin das schlechte Ergebnis u.a. darauf zurück, dass die Partei für Probleme wie die Wohnungsnot in Luxemburg verantwortlich gemacht wurde, für die die Grünen jedenfalls nicht allein die Verantwortung trügen. Die CSV wurde in diesem Wahlkampf von „einem bekannten Gesicht in einer neuen Aufmachung“ geführt. Als „der neue Luc“ sei Luc Frieden wieder aus der Privatwirtschaft zurückgekehrt, in die er nach seiner Tätigkeit als Finanzminister von 2009 bis 2013 wechselte. Mit der sich abzeichnenden Koalition aus DP und CSV wird Luc Frieden wahrscheinlich neuer Premierminister. Der aktuelle Premierminister Xavier Bettel (DP) habe bereits auf den Posten des Premiers in der künftigen Regierung verzichtet, zeige dafür aber Interesse am Amt des Außenministers. 

Europa nach den Wahlen: Luxemburg hat gewählt
Danièle Weber

Die DP habe mit dem Slogan „No bei dir“ („nah bei Dir“) eine familienfreundlichere Politik versprochen, die vor allem die Mittelschicht finanziell entlasten sollte. Auch die CSV stelle sich als familienfreundliche Partei dar. Die von ihr in Aussicht gestellten Steuererleichterungen und eine Art „Herdprämie“ hingegen lehne die DP unter Hinweis auf die mangelnde Finanzierbarkeit ab. Luc Frieden suche nach einer schnellen Einigung, aber sollten die Verhandlungen mit der DP scheitern, könne die CSV noch mit der sozialdemokratischen LSAP verhandeln. Auf die Frage aus dem Publikum, wer nächster Kommissar aus Luxemburg werden könnte, tippten Danièle Weber und Charlotte Wirth, dass es jedenfalls eher ein Mann als eine Frau werden wird. Denn die voraussichtliche künftige Regierung habe jetzt schon Probleme, genug Frauen für Ministerämter zu finden – von den 60 gewählten Abgeordneten sind nur 18 Frauen. Im Übrigen dürfte diese Frage Gegenstand der Koalitionsverhandlungen werden.

Europa nach den Wahlen: Luxemburg hat gewählt
Danièle Weber und Charlotte Wirth im Gespräch