SPIO-Präsident Christian Sommer verwies auf die enge Verbindung zu Hessen: Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft ist nach dem Zweiten Weltkrieg im Biebricher Schloss in Wiesbaden gegründet worden und noch heute mit dem Deutschen Filmhaus dort vertreten. Die SPIO vertritt als Dachverband von mehr als 17 Wirtschaftsverbänden deutlich über 1.400 Unternehmen der Wertschöpfungskette in der Filmwirtschaft. 2021 waren in der Branche mehr als 70.000 Menschen beschäftigt, führte SPIO-Präsident Christian Sommer weiter aus, und betonte die Bedeutung der Branche auch anhand ihres Multiplikatoreneffekts: Jeder in der Kinowirtschaft investierte Euro generiere 2,40 Euro an Gesamtwertschöpfung. Mit diesem Multiplikatoreneffekt liege die Branche zwischen der Automobil- und der Pharmaindustrie. Ungeachtet dessen steht die Filmwirtschaft aktuell vor großen Herausforderungen. Das durchschnittliche Produktionsbudget in Deutschland sei auf 2,4 Mio. Euro gesunken und die Finanzierung der Produktionsbudgets mit hohen finanziellen Risiken verbunden. Viele Filme könnten erst durch exklusive territoriale Lizenzierung überhaupt finanziert werden, so Christian Sommer. Ein Film, der bereits in den Kinos in einem Mitgliedstaat gelaufen ist, und dann im TV oder im Streaming verfügbar gemacht wird, dürfe nicht gleichzeitig in einem anderen Land verfügbar sein, in dem er gerade erst in die Kinos komme. Deshalb sei das Geoblocking, das dies verhindere, so wichtig für die deutsche Filmbranche.
07. März 2023
„Filmwirtschaft und Digitaler Binnenmarkt – kein Widerspruch!“
Björn Böhning, CEO Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen, wies in seinem Impulsbeitrag auf weitere Herausforderungen hin. Dazu zähle auch die Fachkräftesicherung. Als großer Arbeitgeber in Deutschland sei das Thema Qualifizierung für die Branche sehr wichtig. Außerdem kritisierte Björn Böhning, dass die großen Plattformen ihre Klickzahlen nicht veröffentlichten. So könnten die Produzentinnen und Produzenten den Wert ihrer Produkte nicht erkennen. Eine transparente Reichweitenmessung sei unabdingbar. Auch Böhning setzte sich für das Geoblocking ein; nur so könnten die Produzentinnen und Produzten ihre Rechte vermarkten.
Als Kurzfilme wurden sodann „Intro“, „Der erste Schritt“ und „Wild West Compressed“ gezeigt. Die Filmemacherin Anna Isensee erklärte zu ihrem Animationsfilm „Intro“ den Hintergrund und die Entstehung dieses Kurzfilms. „Intro“ spielt selbstironisch mit der sog. „Audiodeskription“ oder „Hörfilmfassung“, die Menschen mit Sehbehinderung Filme zugänglich macht. Die Off-Stimme, die normalerweise beschreibt, was im Film zu sehen ist, „verselbstständigt“ sich und entwickelt eine eigene Geschichte im Film. In ihrem Schlusswort betonte Anna Schoeppe, Geschäftsführerin Hessen Film & Medien, die Bedeutung des Kinos als Kulturort und verwies darauf, dass das Kino nach wie vor im Mittelpunkt der hessischen Filmförderung stehe. Hessen hat zudem als erste regionale Filmförderung mit dem Programm „STEP“ ein Qualifizierungsprogramm für die Branche entwickelt, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Am Nachmittag hatten sich Vertreterinnen und Vertreter der SPIO bereits in einem Fachgespräch mit kulturpolitischen EU-Entscheidungsträgern in der Landesvertretung ausgetauscht. Dabei stellten eine Filmproduzentin, Vertreter der Verleihindustrie sowie Kinobetreiber die aktuellen Herausforderungen der Branche über die gesamte Wertschöpfungskette dar.