Am 28.09.2023 hatte die Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten Lucia Puttrich zu einer Veranstaltung mit dem Thema „Gibt es eine europäische Identität?“ mit Prof. Dr. Martin Hein eingeladen. Der Hessische Staatssekretär für Europaangelegenheiten, Uwe Becker, betonte in seiner Einführung, dass die Frage nach einer Identität Europas wichtig für die Zukunft der EU und Europas sei. Daher freue er sich, so viele junge Menschen im Publikum begrüßen zu können.
28. September 2023
Gibt es eine europäische Identität? Europa im Gespräch mit Bischof em. Prof. Dr. Martin Hein
Prof. Dr. Hein machte zunächst deutlich, dass es nicht – wie vielerorts angenommen – das „Corpus Christianorum“ sei, dem Europa eine gemeinsame europäische Identität verdanke. Dies sei bereits im Mittelalter unzutreffend gewesen, vor allem wegen der bedeutenden Einflüsse des Islam und des Judentums in Europa.
Vielmehr sei die Frage nach einer europäischen Identität eng verbunden mit der gemeinsamen Erinnerung an schicksalhafte Kriege und Auseinandersetzungen, aus der der gemeinsame Wille nach Frieden, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in Europa erwachsen sei. Daher habe eine europäische Identität immer auch eine stark emotionale Komponente. Sie sei sozusagen „Herzenssache“ – in Abgrenzung zu einer rein rationalen Interessengemeinschaft. Jedoch nehme mit dem zunehmenden historischen Abstand die Zahl der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ab, die das Gedächtnis an die dunkle Zeit Europas bewahren und tradieren könnte. Daher plädierte Prof. Dr. Hein dafür, die Erinnerung in einer Weise zu institutionalisieren, dass sie lebendig bleibt und nicht zu einem inhaltsleeren Ritual erstarrt.
Die sich anschließende rege Diskussion, moderiert von Hendrik Kafsack, F.A.Z.-Korrespondent in Brüssel, zeigte, welche emotionale Relevanz das Thema angesichts erstarkender populistischer Parteien und der anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament hat.