„Mit meinen Reisen in den Westbalkan möchte ich ein Zeichen der Unterstützung des EU-Integrationsprozesses und der Reformbemühungen in den Ländern setzen. Wer nach Albanien reist, erlebt ein Land im Umbruch. Politisch, wirtschaftlich, aber auch gesellschaftlich strebt das Land in die EU und man spürt allerorts, wie groß die Erwartungen sind. Diese Erwartungen sind auch nicht unbegründet. Seit vielen Jahren geht Albanien schwierige Reformen an und ist dabei auf einem guten Weg. Der EU-Beitrittsprozess ist allerdings keine Einbahnstraße. Auch die EU muss auf die Beitrittskandidaten, die speziellen Situationen in den Ländern und auf die geopolitische Situation eingehen. Das bedeutet nicht, Abstriche an unseren Werten oder an den Beitrittsvoraussetzungen zu machen. Es kann aber bedeuteten, bestimmte Prozesse zu beschleunigen oder bestimmte Vorteile des europäischen Binnenmarktes – wie etwa die Abschaffung von Roaming-Gebühren – früher in Kraft zu setzen“, erklärte Lucia Puttrich.
„Die EU-Kommission hat in ihrem letzten Fortschrittsbericht vom Dezember 2022 sehr deutlich die Fortschritte im Land anerkannt. Dies gilt insbesondere für die Umsetzung der umfassenden Justizreform und die Verstärkung der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Dennoch kann ein Beitritt zur EU nicht allein auf Basis guter Gesetze und wegen des guten Willens erfolgen. Vielmehr müssen diese Gesetze auch nachhaltig implementiert und umgesetzt sein und staatliche Strukturen europäischen Standards entsprechen“, sagte die Europaministerin und ergänzte:
„Auch muss für einen Beitritt die wirtschaftliche Entwicklung des Landes weiter vorangeschritten sein. Insbesondere hier braucht Albanien weiterhin die europäische Unterstützung, etwa im Rahmen der EU-Heranführungsmaßnahmen, aus Strukturfonds oder durch fachliche Beratung durch Beamtinnen und Beamte der EU-Mitgliedstaaten. Das Fazit dieser Reise ist deshalb durchwachsen. Ja, es gibt ein großes Bemühen und eine sehr große Unterstützung der Bevölkerung für den Beitritt zur EU. Es ist aber absehbar noch ein langer Weg, den wir gemeinsam gehen müssen“, erläuterte Lucia Puttrich.
Hintergrund
Europaministerin Lucia Puttrich traf während ihres Arbeitsbesuches eine Reihe von wichtigen Vertreterinnen der albanischen Regierung und des Parlamentes, u.a. die Verhandlungsführerin der EU-Beitrittsverhandlungen Majlinda Dhuka, die Vizeaußenministerin Megi Fino sowie die Kulturministerin Elva Margariti. Darüber hinaus führte sie Gespräche mit der Vorsitzenden des Parlamentsausschusses für die europäische Integration, Frau Jorida Tabaku, sowie ihrer Stellvertreterin und früheren Justizministerin, Etilda Gjonaj. Am Donnerstag besuchte sie in der Stadt Berat das UNESCO-Weltkulturerbe Mangalem und Goica und wurde dort vom Bürgermeister Ervin Demo empfangen.
Auch für Hessen ist Albanien ein wichtiger Partner auf dem Westbalkan. Ministerpräsident a.D. Volker Bouffier besuchte im Jahr 2017 das Land. Der amtierende albanische Ministerpräsident Edi Rama besuchte im Jahr 2015 Hessen. Schätzungsweise 7.000 albanische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger leben derzeit in Hessen. Etwa 2.000 Schülerinnen und Schüler albanischer Staatsangehörigkeit besuchen Schulen in Hessen. Im April 2021 verabschiedete der Hessische Landtag einen interfraktionellen Antrag zur Unterstützung der Beitrittsverhandlungen mit Albanien und weiteren Ländern des Westbalkans (LT-Drs. 20/5542).