Aufarbeitung kolonialer Gewalt – Möglichkeiten postkolonialer Erinnerungspolitik

Wie sollen wir Europas Kolonialzeit aufarbeiten? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Crisis Talk am 14.11.2023. Leichte Antworten gibt es darauf nicht. Wichtig aber ist in jedem Fall: Die Aufarbeitung sollte nicht als rein nationale Aufgabe verstanden werden, sondern als europäisches gemeinsames Projekt.

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Eingeladen zu einer weiteren Veranstaltung im Rahmen der Reihe Crisis Talks mit dem Titel „Aufarbeitung kolonialer Gewalt – Möglichkeiten postkolonialer Erinnerungspolitik“ hatte die Hessische Europaministerin Lucia Puttrich gemeinsam mit dem Leibniz-Forschungsnetzwerk „Umweltkrisen – Krisenumwelten“ sowie dem Forschungszentrum „Normative Ordnungen – Goethe Universität Frankfurt“ in die Vertretung des Landes Hessen bei der EU. Europastaatssekretär Uwe Becker eröffnete die Veranstaltung mit der Feststellung, dass es für eine gemeinsame Zukunft unabdingbar sei, sich die Konflikte der Vergangenheit grundlegend zu vergegenwärtigen und zu reflektieren. Uwe Becker betonte die Wichtigkeit, die vielschichtigen und komplexen Fragen einer postkolonialen Erinnerungskultur insbesondere auch auf europäischer Ebene zu diskutieren.

Dr. Sabine Mannitz, PRIF – Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung / Forschungszentrum „Transformations of Political Violence“ (TraCe) begrüßte für Leibniz-Forschungsnetzwerk und hielt anschließend den Impuls. Darin forderte sie die Aufarbeitung des Kolonialismus politisch nicht –wie bisher- bloß national anzugehen, sondern diese auch als gemeinsames europäisches Projekt zu definieren. Forschung und Zivilgesellschaft seien bereits europaweit vernetzt – eine gemeinsame europäische Politik zu dem Thema sei noch lückenhaft. Insbesondere von Brüssel könnten wichtige Impulse ausgehen, um proaktiv struktureller Gewalt entgegenzuwirken und postkoloniale Perspektiven, zum Beispiel in Schulbüchern und Museen, sichtbar zu machen.

Aufarbeitung kolonialer Gewalt – Möglichkeiten postkolonialer Erinnerungspolitik
Diskussion mit Prof. Sabine Mannitz und Laura Gaëlle Ganza, moderiert von Alexander Göbel

Auf dem anschließenden Podium, moderiert von Journalist Alexander Göbel, wurde die wissenschaftliche Perspektive von Sabine Mannitz durch die von Laura Gaëlle Ganza ergänzt. Diese brachte als unabhängige Beraterin insbesondere Aspekte aus dem Kulturbereich ein: Notwendig für eine Aufarbeitung Europas Kolonialzeit sei in erster Linie eine klare Haltung ihr gegenüber, diese gebe es bis dato – auch in vielen Museen – noch nicht. Postkoloniale Strukturen seien tief „in unserem Leben“ verankert und oft unsichtbar. Sie müssten zunächst aufgedeckt werden, um sie abbauen zu können. Mannitz betonte sodann u.a. die Wichtigkeit der Zusammenarbeit auf Augenhöhe, wenn es um die Aufarbeitung kolonialer Gewalt gehe. Diese sei leider aufgrund von strukturellen Hindernissen (wie etwa Visa-Bestimmungen für die Anreise von Wissenschaftlern aus Afrika nach Deutschland) erschwert. Ganza führte aus, dass Belgien keine wirkliche Auseinandersetzung mit seiner Kolonialgeschichte hätte. Es gäbe keine belgische Erzählung über das was war und was künftig sein solle. Das Thema werde eher verschwiegen. Sie sprach sich für Partnerschaften mit afrikanischen Staaten aus.

Die Veranstaltung wurde hybrid durchgeführt. Hier können Sie sich das Video der Veranstaltung anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=6npnD63P3p0Öffnet sich in einem neuen Fenster

Aufarbeitung kolonialer Gewalt – Möglichkeiten postkolonialer Erinnerungspolitik
Angeregte Diskussion auch mit dem Publikum