80 Jahre nach der Schoa: Judenhass und kein Ende?

- Zeitzeugen, Verfassungsschutz und Wissenschaft im Dialog -
Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Entbürokratisierung Manfred Pentz hat am 10.11.2025 gemeinsam mit dem Minister des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz Prof. Dr. Roman Poseck in die Vertretung des Landes Hessen bei der EU eingeladen.

Innenminister Prof. Dr. Poseck stellte im Rahmen seiner Begrüßung heraus, welche Ausmaße Antisemitismus heutzutage erneut annimmt und wie Hessen dem entschieden entgegentritt. Er betonte die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, besonders die der Deutschen, niemals zu vergessen, was geschah und gemeinsam gegen den Antisemitismus in all seinen Facetten anzukämpfen. Auch sei es die Aufgabe Europas, die Erinnerung wachzuhalten und zugleich entschlossen zu handeln – „dies sei in unseren Werten wie Menschenwürde, Freiheit und Toleranz impliziert“. 

Bernd Neumann, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Hessen, und Lawrence de Donges-Amiss-Amiss, Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Gießen sowie Mitglied der European Jewish Association, eröffneten die Veranstaltung. 

Michael Thaidigsmann, freier Journalist und EU-Korrespondent der Jüdischen Allgemeinen, führte als Moderator des Abends zunächst ein Zeitzeugengespräch mit Holocaust-Überlebenden Baronin Regina Sluszny sowie Dr. Simon Gronowski. Eindrücklich berichteten sie von ihren frühen Kindheitserlebnissen während der NS-Zeit und wie dies ihr Leben nachhaltig prägte. Während Sluszny jahrelang ohne ihre Familie, die sich auf der Flucht im Untergrund befand, in Obhut von Nachbarn aufwuchs, sah Gronowski seine Mutter und seine Geschwister nie wieder, weil er als einziger dem Deportationszug entfliehen konnte. Er sprang mit elf Jahren aus dem fahrenden Zug nach Auschwitz. 

Im Anschluss daran fand eine Podiumsdiskussion zu der Frage statt, wie Antisemitismus heute gezielt entgegengetreten werden kann und was es braucht, um jüdisches Leben in Europa zu schützen. Anika Schleinzer, Leiterin der Phänomenübergreifenden Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit (PAAF) im LfV Hessen, stellte die Studie der LfV vor und hob hervor, dass Antisemitismus inzwischen in vielen verschiedenen Milieus auftrete. 

Rechtsanwalt Daniel Neumann, Mitglied des Präsidiums des Zentralrats der Juden in Deutschland sowie des Jüdischen Juristenverbandes Deutschland, betonte u.a., dass der Schutz der jüdischen Gemeinden in Hessen physischer Sicherheit und einen geschützten Rahmen für jüdisches Leben schaffe. Neumann hob ferner hervor, dass Antisemitismus kein Problem der Ränder sei, sondern tief in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt. Manchmal stelle er sich mit seiner Familie die Frage, ob er noch eine Zukunft in Deutschland oder Europa habe. 

Katharina von Schnurbein, Beauftragte der Europäischen Kommission für den Kampf gegen Antisemitismus und zur Förderung des jüdischen Lebens, sieht den Digital Service Act und die Aktionspläne der einzelnen Mitgliedstaaten als wichtigen Schritt im Kampf gegen den Antisemitismus an. 

Barbara Greenspan Shaiman, Autorin aus USA und Holocaustnachkomme, trägt ihren Teil zum Kampf gegen Antisemitismus bei, indem sie Projekte für soziale Gerechtigkeit fördert. 

Abschließend wurde es erneut emotional, als der 94-jährige Jurist und Jazzpianist Gronowski zwei Stücke am Klavier spielte.